EU-Kommission legt Verordnung über .eu-Domain vor

Mit einer Verordnung will sich die Europäische Kommission in Brüssel weit reichende Kompetenzen für die geplante Top Level Domain .eu sichern.

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Von
  • Monika Ermert

Mit einer Verordnung will sich die Europäische Kommission in Brüssel weit reichende Kompetenzen für die geplante Top Level Domain .eu einräumen lassen. In einer Mitteilung erklärte der für Unternehmen und Informationsgesellschaft zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen: "Der Vorschlag bringt Europa der Einführung von .eu als Internet-Bereich oberster Stufe einen Schritt näher. Zwar werden die Codes mit nationalen Kürzeln weiter bestehen, doch bietet der Bereichsname .eu Europas Unternehmen die zusätzliche Möglichkeit, sich im Internet als euroäische oder europaweite Unternehmen darzustellen." Am kommenden Freitag steht die Top Level Domain (TLD) für Europa auf der Tagesordnung einer Ratssitzung der Telekommunikations-Vertreter der Mitgliedsländer; im kommenden Jahr sollen Rat und Parlament die Verordnung verabschieden. Nicht-Mitgliedsländer wie die Schweiz werden zunächst nicht automatisch Second Level Domains unter .eu registrieren können.

"Die Kommission benennt das Register"; "Die Kommission verabschiedet nach Konsultierung des Registers allgemeine politische Grundsätze für die Einrichtung der TLD .eu"; "sie verabschiedet politische Grundsätze und ein Verfahren zur Verhinderung der spekulativen und missbräuchlichen Registrierung" und "ein Verfahren für außergerichtliche Streitbeilegung": Mit diesen Grundsätzen sichert sich die Kommission die Aufsicht über den Betrieb der neuen Top Level Domain. Auffällig ist dabei, dass der Verordnungsentwurf keinen Hinweis auf eine institutionalisierte Vertretung von Seiten der Registrar- und Nutzergemeinde enthält, die sich in der Diskussion um die neue Top Level Domain engagiert hatte. Lediglich bei Entscheidungen, die vom Registryprovider gefällt werden, so der Entwurf, sollen neben der Kommission auch sonstige Interessenten berücksichtigt werden.

Siegfried Langenbach, Mitglied der Arbeitsgruppe Technik innerhalb des EC-POP, wirbt daher dringend für eine Institutionalisierung der "Interessenten" an dem Prozess. "Wenn möglich, sollten wir schon bald eine konstituierende Sitzung veranstalten, etwa beim nächsten Treffen des EC-POP im Januar in Brüssel." Langenbach und eine Reihe weiterer Mitglieder der .eu-Diskussionsforen zeigten sich enttäuscht darüber, dass bei dieser Sitzung die neuen allgemeinen TLDs (gTLD) im Vordergrund stünden.

"Wir brauchen eine feste Organisationsstruktur, um gegenüber der EU unsere Interessen besser vertreten zu können", sagt daher Langenbach. Der französische CORE-Registrar Francois Collignon schlägt dazu bereits vor, Fachgruppen im Stil der ICANN zu initiieren, in denen Registrare, Länderdomain- und Rootzone-Manager, kommerzielle, private und öffentliche Nutzer vertreten sind.

"Eigentlich denke ich, dass wir bei Entscheidungen über die Policy beteiligt sein sollten", meint Langenbach. Auch eine Ausschreibung für die zentrale Registry sollte diskutiert werden. Denkbar, wenn auch aufwendiger sei etwa auch die Einrichtung von Nameservern in allen Mitgliedsstaaten und ein rotierender Betrieb des Master-Servers. Ob die EU die Registry-Funktion formal ausschreibt, ist allerdings nach dem Verordnungstext nicht sicher. Auch fehlt im deutschen Text im Gegensatz zur englischen Fassung der Hinweis, dass die Datenbank nichtkommerziell betrieben werden muss.

Festgehalten sind im Kommissionsentwurf nur allgemeine Grundsätze wie "Qualität, Effizienz, Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit". Registrierberechtigt sind Unternehmen mit Hauptsitz oder Hauptniederlassung in der Gemeinschaft sowie in Europa ansässige Organisationen und Privatpersonen mit Wohnsitz in der EU. Die Einführung von Second Level Domains im Stil von press.eu, media.eu, event.eu, lex.eu, ngo.eu könne noch Verhandlungsgegenstand zwischen der neuen Registry, der Kommission und anderen "Interessenten" sein. Die Kommission entscheidet als Vertragpartner der Registry im übrigen auch über eine etwaige Redelegation und setzt damit um, was der Regierungsbeirat der ICANN für alle Länderdomains (ccTLD) verlangt. Die Rechte an den Registry-Daten verbleiben bei der Kommission.

Wie die Mitgliedsstaaten auf die Autorisierung der EU in Sachen Domainpolitik reagieren, bleibt abzuwarten. Ihnen ist immerhin noch ein Mitspracherecht über den so genannten "Kommunikationsausschuss" gesichert, der allerdings ebenfalls erst noch gegründet werden muss. Unklar ist auch, welche Einspruchsrechte dem Ausschuss und dem Rat offen stehen. Die Kommission möchte .eu so schnell wie möglich auf den Weg bringen, möglicherweise auch vor dem Hintergrund des bevorstehenden Wettbewerbs mit den neuen gTLDs. Brüssel hatte sich nicht um eine gTLD beworben, sondern ICANN eine Länderdomain abgetrotzt, obwohl "eu" kein Bestandteil der offiziellen, von der ISO verwalteten Liste der Länderkürzel ist, die eigentlich auch für die ccTLDs den Maßstab darstellt. Dadurch hat die EU wesentlich mehr Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung der Registrierpolitik als die der ICANN unterstehenden gTLDS. (Monika Ermert) / (jk)