EU-Parlament: Deal zu Netzneutralität und Roaming steht

Der federführende Industrieausschuss des EU-Parlaments hat einen schalen Kompromiss mit dem EU-Rat für das offene Internet verabschiedet. Dazu gehört auch, dass Roaming-Gebühren im Sommer 2017 auslaufen sollen.

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Netzneutralität

(Bild: dpa, Martin Gerten)

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Die Weichen für ein geschrumpftes Gesetzespaket für einen "elektronischen Binnenmarkt" sind auf EU-Ebene endgültig gestellt.

Der federführende Industrieausschuss des EU-Parlaments hat am Dienstag einen Kompromiss dazu formell bestätigt, den Verhandlungsführer im vergangenen Vierteljahr mit dem EU-Rat erzielt hatten. Enthalten sind neue gesetzliche Vorgaben zur Netzneutralität und zu Auslandsgebühren beim Mobilfunk, die von 15. Juni 2017 an größtenteils wegfallen sollen.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

Mit der geplanten Verordnung fürs offene Internet, die Ende Oktober noch das Parlamentsplenum passieren muss, bekräftigt der Ausschuss zwar prinzipiell das "Best Effort"-Prinzip. Dieses besagt, dass Provider alle Datenpakete unabhängig von Inhalt, Anwendung, Herkunft und Ziel gleich behandeln und schnellstmöglich im Rahmen der verfügbaren Ressourcen durch ihre Leitungen transportieren sollen.

Zugleich wird diese Vorgabe aber etwa durch Möglichkeiten für ein "angemessenes Verkehrsmanagement" unterlaufen. Zugangsanbieter dürfen Datenpakete etwa ausbremsen oder ausfiltern, um die Integrität und Sicherheit des Netzes zu gewährleisten oder eine "drohende Netzüberlastung zu vermeiden".

Provider können zudem die umstrittenen Spezialdienste zusätzlich zum traditionellen Internet anbieten, wenn solche Angebote erforderlich sind, um ein spezifisches Qualitätsniveau zu gewährleisten. Dafür muss ausreichend Netzkapazität zur Verfügung stehen.

Bürgerrechtsorganisationen hatten vor der Entscheidung gewarnt, dass die Verordnung trotz der noch einmal überarbeiteten Gesetzesbegründung nach wie vor den Weg in ein "Zwei-Klassen-Netz" ebnen könnte.

Auch die Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen brachte sich jüngst noch mit einem Kurzgutachten des Mannheimer Regulierungsrechtlers Thomas Fetzer in die Debatte ein. Demnach besteht aufgrund vager Formulierungen im Verordnungsentwurf "an zentralen Stellen die Gefahr", dass das Prinzip des offenen Internets nicht hinreichend durchgesetzt werden kann. NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann betonte daher, dass die Netzneutralität nicht Spezialdiensten untergeordnet werden dürfe.

Laut einer gerade veröffentlichten repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag des eco-Verbands der Internetwirtschaft durchgeführt hat, sprechen sich 81 Prozent der befragten Bundesbürger für Netzneutralität im Sinne von "Best Effort" aus. 70 Prozent würden gern selbst darüber entscheiden, welche Dienste mit welcher Priorität und in welcher Geschwindigkeit bei ihnen ankommen. Die Bereitschaft, für eine solche Überholspur im Netz zu zahlen, hält sich mit 11 Prozent der Teilnehmer aber noch in engen Grenzen. (jk)