EU-Parlamentsausschuss lässt Nacktscanner zu

Die Verkehrspolitiker der Bürgervertretung haben nach einer Intervention der EU-Kommission das ursprüngliche Verbot der Anzeige realer Abbildungen bei Körperscannern wieder aufgehoben.

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Das EU-Parlament vollzieht eine überraschende Kehrtwende in seiner Haltung zu Nacktscannern: Der Verkehrsausschuss hat nach einer Intervention der EU-Kommission mit den Stimmen der konservativen und sozialdemokratischen Fraktion das ursprünglich befürwortete Verbot der Anzeige realer Abbildungen auf den Durchleuchtungsgeräten wieder aufgehoben. Im Mai hatte das Gremium die Latte für den Einsatz von Körperscannern an Flughäfen noch höher gelegt: Die Grundrechte der Passagiere müssten gewahrt und der Datenschutz berücksichtigt werden, befanden die Ausschussmitglieder damals in einem auch vom Plenum bestätigten Beschluss. Sie bestanden darauf, dass niemand die Original-Aufnahmen der Scans zu sehen bekommen dürfe. Verwendet werden sollten nur starke Verfremdungen etwa in Form von Strichmännchen oder anderen Piktogrammen.

Die EU-Kommission kam im Rahmen des sogenannten Komitologieverfahrens und ihrer eigenen Prüfung der Zulassung von Körperscannern zur Absicherung des Flugverkehrs aber zu dem Schluss, dass die Anforderungen zu weit führten. Die Brüsseler Regierungseinrichtung sprach sich vielmehr für die Erlaubnis von Nacktscannern aus, bei denen nicht verfremdete Bilder vom Kontrollpersonal begutachtet werden. Sie begründete die Entscheidung laut einer Mitteilung des FDP-Innenexperten Alexander Alvaro damit, dass bisher nur ein Scanner-Hersteller mit Piktogrammen arbeite und eine daraus resultierende Monopolstellung nicht gewünscht sei.

Alvaro wirft den Konservativen und den Sozialdemokraten nun vor, "die Würde europäischer Bürger und deren Recht auf Schutz der Privatsphäre zu verletzen". Eine von den Liberalen beantragte Überprüfung der Kommissionsentscheidung sei von der Ausschussmehrheit abgelehnt worden. Gesine Meißner, Obfrau der liberalen Fraktion für Verkehr im EU-Parlament, appellierte an die Industrie, "schnell zu reagieren" und nicht die bisherigen Vorschriften auf Kosten der Menschenwürde zu lockern.

Eva Lichtenberger von den Grünen kritisierte die beiden großen Fraktionen ebenfalls scharf. Christ- und Sozialdemokraten entziehen sich nach Ansicht der Österreicherin mit dem Votum "ihrer Verantwortung zum Schutz der Privatsphäre der Bürger". Es sei "scheinheilig", den erst im Sommer gefassten Beschluss der Volksvertreter zu unterlaufen. Die Kommission, die das Parlament Lichtenberger zufolge bei dieser Frage von Anfang an außen vor lassen wollte, könne sich die Hände reiben.

In der EU gab es in Großbritannien, den Niederlanden, Italien, Frankreich und Finnland Probeläufe mit Körperscannern. Auch in Hamburg gab es einen zehnmonatigen Feldtest. Nach dessen Auswertung kam das Bundesinnenministerium gerade zum Ergebnis, dass die Technik noch nicht ausgereift sei für einen flächendeckenden Einsatz. (vbr)