EU-Wallet: EU-Parlament stimmt für Online-Ausweis ohne ständige Personenkennung

Die EU-Abgeordneten haben ihre Position zur geplanten europäischen digitalen Identität (EUid) beschlossen. Das Recht auf Anonymität soll gewahrt bleiben.

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(Bild: Arnont.tp/Shutterstock.com)

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Mit großer Mehrheit hat das EU-Parlament am Donnerstag im Plenum seinen Kurs für die geplante Verordnung für eine europäische digitale Identität (EUid) auf Basis von digitalen Brieftaschen (E-Wallets) abgesteckt. Sie stimmten dabei gegen die von der EU-Kommission geforderte Pflicht, den vorgesehenen elektronischen Identitätsnachweis (eID) als lebenslange Personenkennziffer auszugestalten. Jeder Mitgliedsstaat soll sich stattdessen weiter für Kennungen entscheiden können, die bei einzelnen Anbietern wechseln.

Zuvor war besonders umstritten, dass die persönliche Wallet mit einem lebenslangen eindeutigen Identifikator verbunden werden sollte. Kritiker führten gegen das Vorhaben ins Feld, dass so Informationen aus vielen Lebensbereichen zusammengeführt und die Bürger gläsern werden könnten. Mit 418 zu 103 Stimmen bei 24 Enthaltungen erteilten die Volksvertreter zudem dem federführenden Industrieausschuss das Mandat, auf Basis der abgestimmten Position in Verhandlungen mit dem EU-Ministerrat und der Kommission über einen endgültigen Kompromiss einzutreten. Die Mitgliedsstaaten wollen "das Konzept der eindeutigen und dauerhaften Kennung" für die Online-Brieftaschen beibehalten, sodass die Gespräche nicht einfach werden dürften.

Bei der im Raum stehenden Reform der eIDAS-Verordnung geht es darum, dass die EU-Länder künftig allen Bürgern und Unternehmen eine E-Wallet zur Verfügung stellen müssen. In der digitalen Brieftasche sollen Nutzer ihre nationale eID etwa auf einem Smartphone speichern und mit Nachweisen anderer persönlicher Attribute wie Führerschein, Abschlusszeugnissen, Geburts- oder Heiratsurkunde, Zahlungsdaten und ärztlichen Rezepten verknüpfen können. Über den Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres setzten die Abgeordneten im Plenum noch durch, dass die Inhalte in der Regel nur auf dem Gerät des Nutzers gespeichert werden sollen. Der Anwender kann sich aber auch für eine externe Cloud-Kopie entscheiden.

Mit den angenommenen Änderungsanträgen will das Parlament ferner das Recht auf Anonymität im Internet sichern. Anbieter sollen demnach digitale Dienste möglichst ohne elektronische Identifizierung oder Authentifizierung bereitstellen. Es soll keinen Zwang geben, die EUid einzusetzen; alternative Identifizierungs- oder Authentifizierungsmittel bleiben möglich. Die Abgeordneten werben entlang der Empfehlung des Industrieausschusses zudem für einen offen einsehbaren Quellcode der EUid-Wallet, was auf eine Open-Source-Lösung hinauslaufen dürfte. Die Parlamentsposition enthält auch ausführliche Bestimmungen, wie Bürger persönliche Identifikationsdaten und elektronische Zertifikate, die zur Online- und Offline-Authentifizierung nötig sind, beantragen, erlangen, speichern und kombinieren können sollen.

"Obwohl die eID ein wichtiges Instrument zur Modernisierung und Digitalisierung Europas sein kann, war der ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission problematisch und hätte die Selbstbestimmung der Nutzer über ihre persönlichen Daten unnötig eingeschränkt", erklärte der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei). Es werde nun darauf ankommen, "den Kampf für einen starken Datenschutz" und anonyme Dienste in den sogenannten Trilog-Verhandlungen fortzusetzen. E-Mail-Anbieter monierten zuvor, dass eine "Staats-Wallet" kommen werde, die Massenanwendungsfälle außen vor lasse.

(mki)