EU-Wettbewerbshüter prüfen VMware-Übernahme durch Broadcom

Die größte Übernahme der bisherigen IT-Geschichte ruft die EU-Wettbewerbshüter auf den Plan: Nicht die Software-, sondern die Hardware-Folgen bereiten Sorgen.

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(Bild: Svetlana Turchenick/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission will untersuchen, ob die Übernahme von VMware durch Broadcom mit der EU-Fusionskontrolle vereinbar ist oder ob es unerlaubte Wettbewerbsvorteile eröffnet. Etwas überraschend führt die Kommission dabei hauptsächlich Bedenken bei der Hardware an. Im Mai hat Broadcom angekündigt, den Virtualisierungsspezialisten VMware für 62 Milliarden US-Dollar aufkaufen zu wollen. Seither haben beide Firmen wiederholt bekräftigt, es gehe vor allem um die Stärkung der Software-Sparte von Broadcom.

Die Kommission begründet ihr Untersuchungsverfahren mit der bisherigen Interoperabilität von VMware-Produkten, die nun der Vergangenheit angehören könne. Es gebe "insbesondere Bedenken, dass die Übernahme Broadcom in die Lage versetzen würde, den Wettbewerb auf dem Markt für bestimmte Hardwarekomponenten, die mit der Software von VMware zusammenarbeiten, zu beschränken", so die Kommission in der Begründung. Dass sie tätig werden würde, hatte die EU bereits im November angekündigt, die Begründung dafür folgte jetzt.

Broadcom produziere Netzwerk-Schnittstellenkarte (Network Interface Cards, NICs), Fibre Channel Host-Bus-Adapter und Storage-Adapter. Die Virtualisierungssoftware von VMware arbeite bislang "mit einer breiten Palette von Hardware, einschließlich NICs, FC HBAs und Speicheradaptern". Die geplante Transaktion könne aber dazu führen, dass Broadcom seine Konkurrenz einschränke, so die Kommission weiter. Denkbar sei, dass Broadcom die eigene Hardware bei der Entwicklung von VMwares Server-Virtualisierungssoftware bevorzuge. Das könne wiederum zu Preissteigerungen, geringerer Produktqualität und weniger Innovationen wegen des eingeschränkten Wettbewerbs führen.

Weitere Bedenken meldet die Kommission wegen VMwares bisheriger Beteiligung am Projekt Monterey an, in dem der Softwareanbieter mit Nvidia, Intel und AMD Pensando an der Entwicklung von SmartNICs arbeitet. Die Wettbewerbshüter fürchten, nach der Übernahme könnte sich VMwares Partizipation am Projekt verringern, was die Entwicklung der Hybrid-Cloud-Architektur behindern könnte. Außerdem werde befürchtet, Broadcom könne die Software von VMware künftig nur noch als Bundle mit den eigenen Software-Produkten anbieten und die eigenständigen Tools des Anbieters vom Markt nehmen.

Bislang hatten Analysten die durch die größte IT-Übernahme der bisherigen Geschichte mögliche Marktposition von Broadcom, vor allem im Cloud-Bereich, als wahrscheinlichsten Grund für ein Scheitern des Deals gehalten. Auch die entsprechenden Stellen in den USA, die Federal Trade Commission (FTC), und im Vereinigten Königreich, die Competition and Markets Authority (CMA), hatten bereits angekündigt, die Transaktion prüfen zu wollen. Broadcom möchte den Kauf dennoch bis Oktober 2023 über die Bühne bringen. Die Kommission ist nach eigenen Angaben am 15. November über die geplante Transaktion informiert worden. Sie habe nun bis zum 11. Mai 2023 Zeit, eine Entscheidung zu fällen.

(jvo)