EU verschärft Regeln für Typzulassung
Die EU-Mitgliedstaaten einigten sich mit dem Europaparlament auf neue Vorschriften für die Typgenehmigung. Erstmals kann die EU-Kommission nationalen Behörden dann auf die Finger schauen, Rückrufaktionen starten und bei Regelverstößen Bußgelder verhängen
- dpa
Betrügereien wie beim Abgasskandal will die EU künftig mit schärferen Zulassungsregeln für neue Automodelle und hohen Bußgeldern unterbinden. Die Mitgliedstaaten einigten sich am Donnerstag (7. Dezember 2017) mit dem Europaparlament auf neue Vorschriften für die Typgenehmigung, die ab dem Jahr 2020 Pflicht werden sollen. Erstmals kann die EU-Kommission nationalen Behörden dann direkt auf die Finger schauen, Rückrufaktionen starten und bei Regelverstößen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro pro Auto verhängen. Verbraucherschützer begrüßten das.
In der Abgas-Affäre war aufgeflogen, dass einige Automodelle wegen manipulativer Software zwar auf dem Prüfstand Schadstoffgrenzwerte einhielten, nicht aber im normalen Straßenverkehr. Der Skandal habe die Schwäche des Systems gezeigt - und die werde nun behoben, erklärte Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska: „Wir wissen, dass einige Autohersteller betrogen und viele andere Schlupflöcher ausgenutzt haben. Um dies zu beenden, überholen wir das gesamte System.“
Bisher sind allein nationale Behörden in den EU-Ländern dafür zuständig, Autoherstellern zu bescheinigen, dass ein neues Modell alle technischen Vorgaben einhält und für den Verkehr zugelassen wird. In Deutschland ist es das Kraftfahrt-Bundesamt. Die neuen Regeln sollen nach Angaben der EU-Kommission die Unabhängigkeit dieser Stellen sichern. Die Kommission kann die Behörden jedoch überprüfen. In Deutschland gibt es zudem eine Debatte, andere Institutionen wie etwa das Umweltbundesamt stärker mit einzubeziehen.
Außerdem sollen künftig nicht mehr nur Prototypen vor der Typzulassung überprüft werden, sondern stichprobenartig auch neue Exemplare von bereits genehmigten Modellen – mindestens einer von 40.000 Neuwagen. So will man sicherstellen, dass die Autos die einmal bescheinigten Eigenschaften auch wirklich haben. Die Ergebnisse sollen veröffentlicht werden. Findet ein EU-Land Unregelmäßigkeiten, kann es selbst einschreiten. Bisher kann dies nur die Behörde, die die Typgenehmigung erteilt hat. Diese gilt in der ganzen EU.
Den Einsatz von Abschaltvorrichtungen will die EU ebenfalls wirksamer stoppen. Die Hersteller müssen künftig Zugang zu Software-Protokollen gewähren. Zusammen mit neuen Tests im echten Fahrbetrieb soll es damit schwerer werden, Schadstoffgrenzwerte zu umgehen.
Der europäische Verbraucherverband BEUC nannte die Pläne einen Fortschritt. Er lobte vor allem die Stichprobentests und Oberaufsicht auf europäischer Ebene. „Aber die EU könnte noch mehr für Verbraucher tun“, meinte BEUC-Generaldirektorin Monique Goyens. Nötig seien vor allem realistische Tests von CO2-Werten im normalen Straßenverkehr. Eine vordergründig gut klingende Idee, die schon oft vorgetragen wurde. Allerdings ist dieser Wert steuerrelevant und sollte vergleichbar sein. Wie das „auf der Straße“ gelingen soll, lässt auch dieser Vorschlagende leider unbeantwortet.
Die Einigung vom Donnerstag basiert auf Vorschlägen der Kommission von 2016. Das Europaparlament und der Rat der EU-Länder müssen noch formal zustimmen. Danach können die EU-Staaten die Verordnung direkt anwenden, ab dem 1. September 2020 ist dies Pflicht. (mfz)