Ein Kilo Glas und echte Farben – die Fotonews der Woche 38/2023​

Nikon legt eine neue Objektivlinie auf, DXO kümmert sich um Farbverbindlichkeit und Fuji hat neue Firmware für die aktuellsten Kameras.

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Alles so schön bunt auf der Photopia.

(Bild: Thomas Hoffmann)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
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Bei den Großen der Fotobranche gibt es kaum Experimente: Auch was vor Jahren als sehr teures Nischenprodukt erschien, ist meist nur der Vorbote für eine langfristige Entwicklung. Besonders deutlich wurde das in dieser Woche wieder einmal bei Nikon.

Das seit Jahren sehr vorsichtig – und angesichts vieler Rückrufe vielleicht überforderte – Unternehmen hat mit dem Nikkor Z 135 mm f/1.8 S Plena nicht nur ein neues Objektiv, sondern gleich eine neue Marke eingeführt. Plena ist die Mehrzahl von Plenum, also quasi die Vollversammlung der Vollversammlungen. Das kann man hier auf die Zahl der Linsen beziehen, denn 16 Linsen in 14 Gruppen sind für eine Festbrennweite eine Menge. Und sorgen für ein Kilogramm Gesamtgewicht.

Mit dem Plena zieht Nikon dabei in dieser Brennweite und Blendenöffnung mit schon existierenden Modellen von Sony und Canon gleich. Es ist damit nicht mehr nur als Machbarkeitsstudie wie das Nikkor Z 58 mm f/0.95 S Noct anzusehen, das vor vier Jahren erschien und mit 8.500 Euro trotz der enormen Lichtstärke eher ein Luxusspielzeug ist.

Das Plena dagegen bewegt sich mit 3.000 Euro im Rahmen der Konkurrenz bei Neuvorstellung, das "S" im Produktnamen steht bei Nikon eben von jeher für "superteuer". Für Profis mit Nikon-Z-Bodies ist es wohl das neue Mittel der Wahl für Porträts und Available Light, wenn ein sehr weiches Bokeh gefragt ist. Kleine Lichtquellen erscheinen dann mit fast immer kreisrunder Unschärfe – und das bis zum Rand, wie auch erste Beispielbilder zeigen. Die Optik konnte c't Fotografie Redakteur Thomas Hoffman bereits vorab ausprobieren und gewann einen sehr guten ersten Eindruck.

Gemessen an den schon verfügbaren Linsen mit diesen technischen Daten ist Nikon dennoch spät dran und auch noch teurer als die Konkurrenz. Blickt man genauer auf die Konstruktion, so ist klar, dass es nicht nur ums Gleichziehen ging, sondern hier offenbar das ultimative 135-Millimeter gebaut werden sollte. Die rückwärtige Linse, manchmal auch "Auge" genannt, ist riesig. Das ergibt in den Ecken mehr Licht, also weniger Vignettierung. Solche Schwächen gleicht zwar heute mit Profilen für die Objektive jede Raw-Software aus, nur: Warum in Software reparieren, was man gleich richtig fotografieren kann? Nicht nur Berufsfotografen sind froh um jeden Arbeitsschritt, der sich einsparen lässt.

Und sie sind nicht nur bei Produktfotografie oft auf verbindliche Farben angewiesen. Das heißt beispielsweise: Das Rot des Nagellacks eines Models soll nicht nur rot, sondern ein ganz bestimmtes Rot sein, das dann etwa im Druck eines Plakats auch genauso aussieht, wie der Kunde das wünscht. Dafür gibt es zahllose Farbschemata, Pantone und RAL sind nur zwei bekannte Beispiele. Mit den zahllosen Einstellungen von Kamera, über Software bis hin zu Grafiktreiber und Lookup-Tabellen (LUT) im Monitor ist tatsächliche Farbverbindlichkeit immer komplexer geworden.

Um Dinge zum Anfassen kommt man dabei nicht herum, denn im Vergleich zum Tageslicht und dem menschlichen Auge ist jedes Display immer noch hoffnungslos unterlegen. Bei Pantone kann man dann schnell mal einige Tausend Euro für Farbchips aus Plastik ausgeben, die nur wenige Jahre halten. Günstiger geht das mit Farbkarten von etwa Calibrite und Datacolor, die nun auch das Programm DxO PhotoLab in Version 7 unterstützt. Auch die bei Filmern gängigen LUT beherrscht die Software.

Und bei aller Modernität darf auch der Retro-Trend nicht fehlen, denn als FilmPack 7 gibt es einen separaten Zusatz, der klassische Filme simuliert. Das bieten schon lange viele andere Programme, bei DxO lässt sich darüber hinaus noch der Look einiger bekannter Fotografen einstellen. Wer sich fragt, wie das bei früher meist gleichem Filmmaterial entstand: unter anderem durch (Mehrfach-) Belichtung und eigene Entwicklungsprozesse im Labor. Der Platzhirsch Lightroom heißt schließlich nicht umsonst nach der klassischen Dunkelkammer.

Aktueller war vieles auf der Photopia in Hamburg, die sich mit der dritten Ausgabe immer noch bemühen muss, ein Ersatz für die abschaffte Photokina zu sein. Auch unserem Kollegen Tom Leon Zacharek fiel auf, dass das Event immer noch deutlich kleiner als die frühere Leitmesse ausfällt, aber: Die großen Hersteller wollen auch 2024 wiederkommen, das Programm wird dann noch mal erweitert.

Keine großen Erweiterungen, aber Fehlerbereinigung bietet Fujifilm mit neuer Firmware für die aktuellen Kameras X-H2, X-H2s, X-T5 und X-S20 sowie den neuen Mittelformat-Brocken GFX 100 II an. Bei den kleineren Kameras wurde vor allem die Genauigkeit des Autofokus bei schwierigen Lichtverhältnissen verbessert. Die GFX hatte einige Bugs vorwiegend bei Videoaufnahme und konnte in bestimmten Situationen sogar einfrieren. Alle Updates gibt es auf der Firmware-Seite von Fuji. Die ist, in der Branche noch immer nicht selbstverständlich, übersichtlich und zeigt fast alle Änderungen auf einen Blick.

In der zunehmend professionellen YouTube-Welt fällt nicht sofort auf, was bei der Produktion eines Videos alles schiefgehen kann. Um das etwas zu entzaubern haben die früheren DPReview-Hosts Chris Niccolls und Jordan Drake für ihren neuen Arbeitgeber Petapixel einen über eine Stunde langen Podcast mit Video aufgenommen. Darin erzählen sie von den schlimmsten und auch lustigsten Momenten der Videoproduktion. Wir wollen nicht spoilern, denn das ist unsere Empfehlung für einen Long Watch zum Wochenende.

(nie)