"Ein Netz für Kinder"

Auf der EU-Konferenz "Mehr Vertrauen in Inhalte" ging es um kindgerechte Inhalte im Netz und die Frage, wer für den Jugend- und Verbraucherschutz im Internet sorgen soll.

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Von
  • Monika Ermert

Eine bis 1,5 Millionen Euro wollen der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, das Familienministerium und möglicherweise verschiedene Landesbehörden in die Förderung kindgerechter Angebote im Internet investieren. Zum Abschluss der EU-Konferenz "Mehr Vertrauen in Inhalte" verkündete Hans-Ernst Hanten, Gruppenleiter Medien, Film, Internationales im Hause des Kulturbeauftragten, für die Deutsche Ratspräsidentschaft auch, dass man eine Reihe von Unternehmen für die Umsetzung einer Positivliste mit kindgerechten Inhalten gewonnen habe.

Diese sollen als geschlossenes Angebot für Kinder bis etwa 12 Jahre realisiert werden. Ein technischer Arbeitskreis werde die Details in den kommenden Monaten ausarbeiten, sagte Sabine Frank, Geschäftsführerin der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia (FSM). Bei der FSM soll künftig auch das redaktionelle Team für die Pflege der Positivliste angesiedelt werden. Laut Hanten soll das "Netz für Kinder" mit rund 5000 Seiten starten.

Mit von der Partie sind die Deutsche Telekom, AOL, Arcor, die Bauer Verlagsgruppe, Cybits Sytsems Security, Microsoft, GMX, 1&1, Google, Lycos, Microsoft, O2, Vodafone und Web.de. Der Vorsitzende der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), Wolf-Dieter Ring, sagte: "Wir sollten dafür auch Nintendo gewinnen." Ring sagte, die Spielhersteller sollten unbedingt eine Rolle im Netz für Kinder spielen. Es gebe ja nicht nur die "Killerspiele", sondern eine große Bandbreite kreativer Spiele.

Hanten hatte in seinem Resümee der Tagung betont, man müsse die Kinder dort abholen wo sie jetzt seien und dazu befähigen, selbst zu entscheiden, welche Angebote im Netz gut für sie seien. Es gehe nicht um eine Bewahrpädagogik. Medienkompetenz müsse aus aus den Sonntagsreden und etwa für angehende Lehrer und Erzieher zum Pflichtfach werden. Sie sei, so Hanten, auch das Haupthindernis für den Zugang für Erwachsene zu den neuen Medien, die übrigens auf ihre Rolle als "verantwortungsbewusste Sender" im Web 2.0 vorbereitet werden müssten.

Neben der Medienkompetenz stand die Debatte um Selbstregulierung und Koregulierung im Zentrum der zweitägigen Tagung. "Wir begrüßen es, dass dieses Seminar die Koregulierung als Instrument für den Jugend- und Verbraucherschutz anerkannt hat", so Hanten. Die deutsche Ratspräsidentschaft hat sich den Koregulierungsansatz auf die Fahnen geschrieben. Hanten bezeichnete die Koregulierung als Selbstregulierung mit "staatlichen Leitplanken für den gesellschaftlichen Korridor".

Er habe sich bestärkt gefühlt im deutschen Modell, sagte Ring. Die Erfahrung der KJM bestätige, dass Selbstkontrolle im Hintergrund immer auch die Regulierung brauche. Es gebe Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle auf illegalen Praktiken aufbauten und sich nicht an die Regeln hielten, so Ring. Die KJM ist sei 2003 für die Anerkennung und Überwachung der Arbeit der Selbstkontrollorganisationen im Bereich Rundfunk und Internet zuständig. Ring sagte auf Anfrage von heise online, er sehe keinen großen Nachbesserungsbedarf für den Jugendmedienschutzstaatsvertrag, der gerade evaluiert wird. Allerdings hat es immer wieder Kritik an der mangelnden Transparenz und Effektivität der Arbeit des neuartigen Bund-Länder-Gremiums gegeben. Ring sagte, die Arbeit zum Internet sei wesentliche schwieriger als die zu den klassischen Medien.

Zufrieden zeigten sich die deutschen Teilnehmer darüber, dass auch auch auf EU-Ebene das Koregulierungsmodell Eingang als Regulierungsinstrument gefunden habe. In der novellierten EU-Fernsehrichtlinie ist den Mitgliedsstaaten überlassen, auch Selbst- und Koregulierungsinstrumente zur Implementierung der Richtlinie einzusetzen. "Die Erkenntnis setzt sich durch, dass eine Modernisierung staatlicher Handlungsformen notwendig ist", sagte der Kabinettschef von Medienkommissarin Viviane Reding, Rudolf Strohmeier. Wo es sinnvoll erscheine könne Verantwortung an die Gesellschaft zurückgegeben werden.

Was dabei sinnvoll ist und auch wie die Koregulierung konkret ausgestaltet werden soll, dazu gab es allerdings während der zwei Tage mehr Debatten als im harmonischen Schlussplenum. Die Streitpunkte reichten von der Frage altersklassifizierter Angebote, die in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich beantwortet wird, bis hin zur Grundsatzfrage, was genau die Rolle staatlicher oder privater Akteure in einem solchen System ist. Ein Medienvertreter warnt vor der schleichenden Übernahme staatlicher Aufgaben durch private oder gesellschaftliche Gruppen, eine Unternehmensvertreterin warnte vor Regulierung, die den Handlungsspielraum der Unternehmen – etwa im Bereich Werbung – einschränke. (Monika Ermert) / (vbr)