Ein neuer Anlauf für die Lausch-Verordnung

Ein noch als "vertraulich" geltendes Papier mit einem neuen Entwurf der Telekommunikations-Überwachungsverordnung enthält nur kosmetische Korrekturen.

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Wie es mit der von der Wirtschaft als "unverhältnismäßig" abgelehnten Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) weitergeht, ist noch ungewiss. Bundeswirtschaftsminister Werner Müller hat – überrascht von der Welle der Empörung bei allen wichtigen Wirtschaftsverbänden über die TKÜV – zwar einen "ergebnisoffenen Dialog" angekündigt, der wurde bisher aber noch nicht gestartet. Die Anfang Juli abgehaltene Anhörung zur Cybercrime-Bekämpfung im Bundestag wird noch ausgewertet. Ein überarbeiteter Entwurf der TKÜV aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), der Telepolis vorliegt, wandert nun gerade zur Abstimmung zwischen den Ressorts hin und her, geht aber noch nicht auf die im Parlament laut gewordene Kritik ein.

Die meisten Änderungen in dem Papier, das Stellungnahmen zur Anhörung im BMWi vom Frühjahr zu berücksichtigen sucht, sind reine Schönheitskorrekturen. Wichtig hingegen könnte sein, dass Anordnungen zum Aufzeichnen der Kommunikation nicht mehr "unmittelbar", sondern nur noch "unverzüglich" umgesetzt werden müssten. Die Forderung nach einer Zehn-Minuten-Frist wird nicht mehr erwähnt. Auch die ausdrückliche Vorschrift, dass betroffene Provider und Unternehmen die formale Richtigkeit einer Anordnung selbst überprüfen müssen, wurde gestrichen. Betreibern, die nicht mehr als 10.000 Teilnehmer bedienen, wird eine Frist von 24 Stunden nach Benachrichtigung gewährt, um die geforderten Maßnahmen in Gang zu bringen. Von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Vorhaltung der Abhörtechnik sind nur noch TK-Anlagen ausgeschlossen, an denen nicht mehr als 1.000 Teilnehmer hängen, oder Einrichtungen, die nur zur Übermittlung von Notrufen dienen.

Nach wie vor wird verlangt, dass der "netzseitige Schutz" der einem Anbieter "anvertrauten" Telekommunikation vor der Übergabe der verlangten Kopien aufzuheben ist oder den Ermittlern Nachschlüssel zur Verfügung gestellt werden. Den Einwänden der Wirtschaft, dass durch diese Bestimmung "Sollbruchstellen" in kryptographische Lösungen Einzug halten und so das Vertrauen der Nutzer in das Internet und den E-Commerce unterlaufen werde, wollen sich die Spezialisten im BMWi nicht anschließen.

Siehe dazu auch Ende des "Gezockeres" um die Lausch-Verordnung gefordert und den Artikel Kosmetik an der Lauschverordnung in Telepolis. (Stefan Krempl) / (fr)