Ende des "Gezockeres" um die Lausch-Verordnung gefordert

Hans-Joachim Otto, medienpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, will der umstrittenen Telekommunikations-Überwachungsverordnung den Zahn ziehen.

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Hans-Joachim Otto, der medienpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, hat die Hoffnung aufgegeben, dass das Bundeswirtschaftsministerium jemals eine angemessene Regelung der Telekommunikationsüberwachung hinbekommt. Die von Telepolis veröffentlichte Version der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV), die sich momentan noch in der innerressortlichen Abstimmung befindet, ist für den Parlamentarier angesichts rein "marginaler Änderungen" der Beweis dafür, dass die Abhörspezialisten des Bundes die grundlegende Kritik von Wirtschaftsverbänden und Datenschützern nicht aufgreifen werden. Otto will sich daher jetzt in seiner Fraktion dafür einsetzen, dass die gesetzlichen Grundlagen der TKÜV – allen voran das während der letzten Legislaturperiode auch mit den Stimmen der FDP verabschiedete Telekommunikationsgesetz (TKG) – geändert werden.

"Das Thema heißt von jetzt an TKG", gibt Otto im Gespräch mit heise online die neue Parole aus. Das "generelle Problem", das der "hochsensible Bereich" der Bespitzelung der Nutzer mitsamt der leidigen Kostenfrage aufwerfe, könne nicht auf dem Verordnungsweg ohne erneuten Einbezug des Parlaments gelöst werden. Die Anfang Juli im Unterausschuss für Neue Medien abgehaltene Anhörung habe ergeben, "dass es nicht um Peanuts geht". Vertreter von Providern hatten im Reichstag die Kosten für die Installation der verordnungsgerechten Abhörtechnik auf zwei- bis dreistellige Millionenbeträge beziffert.

Weder die Wirtschaft noch die einzelnen Bürger, meinte Otto weiter, "sollten mit einer solchen, in die Grundrechte gravierend einschneidenden Verordnung leben müssen". Das "Gezockere", das das Wirtschaftsministerium seit Jahren mit der TKÜV an den Tag lege, dürfe nicht ewig weiter gehen. Ganz ohne parteipolitische Hintergedanken sei daher jetzt eine Koalition erforderlich, um Änderungen am TKG in Angriff zu nehmen und die dort angelegten Lauschverpflichtungen zu entschärfen. "Die Mängel des Gesetzes haben sich klar herausgestellt", sagt der FDP-Politiker. Dass seine Partei mehrheitlich zunächst für das "Lauschgesetz" gestimmt habe, sieht Otto heute als Fehler an.

Die Chancen für die Bildung einer überparteilichen Koalition gegen die Abhörbestimmungen im TKG stehen momentan gar nicht schlecht. Zumindest die "Netzpolitiker" aller Fraktionen sind sich einig, dass die TKÜV unverhältnismäßig und ihre Effizienz mehr als fraglich ist. So hatte Grietje Bettin, die medienpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, bereits gleich nach der Veröffentlichung der letzten offiziellen TKÜV-Version im Februar ihren Protest gegen die Verpflichtungen für die TK-Anbieter eingelegt. Der Netzexperte der SPD, Jörg Tauss, will das TKG ebenfalls im Bereich der Überwachungsparagraphen auf den Prüfstand stellen. Aber auch die Internet-Beauftragte der prinzipiell stark auf die Belange der "Inneren Sicherheit" pochenden CDU/CSU-Fraktion, Martina Krogmann, ist keine Freundin der TKÜV und hat die Verordnung mehrfach scharf kritisiert. (Stefan Krempl) / (jk)