Eine Allee erinnert an das frühe deutsche Internet

Ein Denkmal und eine Allee erinnern bei der TU Dortmund an EUnet, den Ursprung des Internet in Deutschlands. Am Freitag steigt der Festakt im Campus Nord.

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(Bild: Graphics Master/Shutterstock.com)

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Von
  • Detlef Borchers

Gerade hat Dortmund das letzte EM-Spiel erfolgreich gemeistert, da folgt ein weiteres Highlight. Am heutigen Freitag wird auf dem Campus Nord der Technischen Universität ein Wegabschnitt in "EUnet-Allee" umbenannt. Er erinnert daran, dass in Dortmund die deutsche Vertretung der European Unix User Group existierte, die ab 1982 das EUnet (European UNIX Network) aufbaute.

Aus diesem studentischen Vernetzungsprojekt entstand EUnet als Firma, einer der ersten deutschen Internet-Provider (ISP). Neben der Umbenennung des Wegabschnittes vom Martin-Schmeißer-Platz bis zum Gebäude der Fakultät Maschinenbau zur "EUnet-Allee" wird eine EUnet-Skulptur eingeweiht, die an die Pioniertat erinnern soll. Die TU Dortmund feiert die Pionierleistung der Informatiker Daniel Karrenberg, Axel Pawlik, Rudolf Peter und Rüdiger Volk mit der Einweihung der "EUnet-Allee". Mit dabei: Die Alumni der Informatik Deutschland, die eine EUnet-Skulptur stiften.

EUnet war eine Initiative der European Unix User Group, die sich 1982 aufmachte, von Amsterdam ausgehend ihre Rechner mit UUCP zu vernetzen. Damit war der Austausch von Mails und Usenet-News möglich. Zur Zeit der Inbetriebnahme des EUnet Backbones gab es in Deutschland zwei weitere Knoten (Xlink in Karlsruhe und GMD bei Bonn) sowie insgesamt fünf .de-Domains. Die TU Dortmund gab zusammen mit der Universität Karlsruhe die Neuesten Netz-Nachrichten (NNN) heraus, mit denen die Vernetzung in Deutschland vorangetrieben werden sollte. Denn in der akademischen Welt wurde in der Informatik noch der OSI-Traum geträumt.

1988 stellte das EUnet auf TCP/IP um, 1990 wurde daraus mit 3000 angeschlossenen Organisationen ein ziemlich erfolgreicher kommerzieller Internet-Provider. 1997 wurde EUnet für 154,4 Millionen US-Dollar von UUnet aufgekauft. Als UUnet eine Tochterfirma der Skandalgesellschaft Worldcom wurde und landete Eunet im Nichts der Telco-Grabenkämpfe.

International bekannt wurde EUnet 1984 durch einen Aprilscherz des EUnet-Gründers Piet Beertema, der eine fiktive E-Mail des KPdSU-Generalsekretärs Konstantin Tschernenko veröffentlichte. Dieser Kremvax-Hoax schockte die Welt: der oberste Sowjet auf einem damals hochmodernen Vax-Rechner? Anerkannt wurde EUnet durch die unermüdliche Arbeit des EUnet-Gründers Daniel Karrenberg und die Verwaltung von IP-Adressen durch Axel Pawlik.

Erwähnenswert ist, dass im EUnet eine Kryptografie-Mailing-Liste lief, die 1986 von dem Grünen Netzpolitiker Manuel Kiper 1986 im "ersten Kryptokrieg" eingerichtet wurde. Auf ihr diskutierte die Teilnehmer per E-Mail über die Verschlüsselung von E-Mails. Im selben Jahr schaffte es der Informatiker Julf Helsingius dann tatsächlich, über den finnischen EUnet-Knoten eine Standleitung nach Sankt Petersburg herzustellen und so das russische Universitätsnetz Academset an das Internet anzuschließen. Als Bestandteil dieser Aktion entwickelte Helsingius den heftig umstrittenen Remailer anon.penet.fi, der 1997 abgeschaltet werden musste. Die Debatten um das Recht auf Verschlüsselung wie um die Realnamenspflicht wurzeln im frühen Internet.

Wer nicht über die "EUnet-Allee" schlendern kann, kann sich dennoch virtuell auf die Hacken machen und das Deutsche Internetmuseum besuchen, das in Dortmund entsteht, oder die Ausgabe der Chalisti lesen, in der die EUnet-Administratorin Anke Goos seinerzeit das EUnet vorgestellt hat.

(fds)