Missing Link: Bewahrer der Reserven knapper IP-Adressen (Axel Pawlik)
Als an der Uni Dortmund das Internet keimte, wurde er Postmaster. Später hütete er beim RIPE NCC die Vergabe von IP-Adressen. Ein Gespräch mit Axel Pawlik.
Er war einer der ersten Postmaster der Internet-Keimzelle an der Uni Dortmund, Bienenzüchter und vor allem hauptamtlicher Bewahrer der Reserven knapper IP-Adressen. Das war alles klasse, sagt der Berufsoptimist Axel Pawlik in der nächsten Ausgabe unserer Gesprächsreihe mit deutschen Internetpionieren.
- Vom RIPE-Architekten zum Protokollkrieger (Daniel Karrenberg)
- Der Herr der Routen – vom funktionierenden Netz und den Grundlagen (Rüdiger Volk)
- Von der (Un-)Sicherheit in der Informationstechnik (Hans Peter Dittler)
- Service Provider, Internet und Politik – eine langsame Annäherung (Sebastian von Bomhard)
- Das Netz und seine Knoten – Aufstieg des DE-CIX (Arnold Nipper)
- Das Internetgewissen – von Kämpfen und Providern (Michael Rotert)
Ohne IP-Adressen geht gar nichts
20 Jahre lang lenkte Axel Pawlik die Geschicke des RIPE NCC, der Selbstverwaltungsorganisation, die IP-Adressen in Europa, dem Nahen Osten und anfangs auch Nordafrika ausgab. Das menschliche Netzwerken lag ihm mehr als manchem klassischen Nerd und so schuf er die Basis für eine Wohlfühl-Selbstverwaltung, wie es gar nicht mehr so viele gibt. Vom schönen neuen Internet predigen sei ihm immer leichter gefallen, als es verkaufen zu müssen, sagt er selbst. Kann er sich vorstellen, dass die Art von Selbstverwaltung übertragbar ist auf andere Registry-basierte Dinge wie die Vergabe von Frequenzen? Warum eigentlich nicht, meint Pawlik im Gespräch über UUCP in wattierten Umschlägen, Halden unerledigter Adressanfragen und eine für ihn unverständliche Sanktionspolitik gegen die Adressverwaltungen.
heise online: Axel, du hast einmal gesagt, RIPE war der ideale Job für Dich. Warum dann eigentlich dieser plötzliche Abschied im November 2019?
Axel Pawlik: 20 Jahre sind eine lange Zeit – und irgendwann ist auch mal gut. Der Abschiedsprozess war dann recht zügig; der Vorstand legte Wert darauf, dass nach meiner Ankündigung präzise 20 Jahre nach Dienstantritt der Übergang schnell gehen sollte. Aber ich hätte mir eine Übergangszeit durchaus vorstellen können. Der Vorstand hat stattdessen sofort die drei Interims-Geschäftsführer berufen. Einige kommentierten, das ginge zu schnell und sähe schlecht aus
heise online: Es sah wirklich nicht gut aus.
Pawlik: Eine langsame Stabübergabe wäre möglich gewesen. Ich war ja nicht unter Druck. Aber der Vorstand hat sich dagegen entschieden und wir haben die Entscheidung gemeinsam getragen.
heise online: Die Initiative für den Wechsel kam aber von dir. Du wolltest nicht nochmal 20 Jahre?
Pawlik: Für mich war zu entscheiden, ob ich das bis zur Rente weitermache, oder nochmal etwas anderes tue. Natürlich dachte ich, ich halte noch Kontakt zur RIPE-Community, schaue mich um, bin aber auch frei, doch noch etwas ganz anderes zu machen – zum Beispiel bin ich ein leidenschaftlicher Koch. Dann ist Corona passiert.
heise: Bevor du Koch werden wolltest, wolltest du Informatiker werden, Anfang der 80er. Wie bist du darauf gekommen?
Pawlik: Erst wollte ich Tierarzt werden und hab dafür Latein gelernt, wenig erfolgreich. Dann trat Herr Glitza in mein Schulleben, ein Mathematiklehrer, der ursprünglich Elektriker gewesen war. Herr Glitza stellte irgendwann einen TRS80 in den Fahrradkeller der Schule. Natürlich war das eine endlose Spielerei mit dem Kassettenlaufwerk, aber das war ein Computer. Ich habe davon profitiert und später an der Uni erst auf Lochkarten programmiert und dann auf Floppys, diese Acht-Zoll-Discs, die waren auch wirklich ‚floppy‘. Ich hatte eine davon zu lange in meiner Tasche, und anschließend war die permanent verbogen. Aber sie funktionierte noch.