Regierungsvorhaben: Weniger Cookie-Abfragen durch neue Verordnung

Die Bundesregierung will zentral verwaltete Cookie-Einstellungen ermöglichen. Nutzer könnten sogar pauschal alle Cookies ablehnen.

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(Bild: Lino Mirgeler/dpa)

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Von
  • Holger Bleich

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) lässt derzeit keinen Ausweg: Website-Betreiber müssen ihre Besucher um Erlaubnis fragen, bevor sie Tracking- oder Analyse-Cookies auf deren Rechner setzen. Diese Einwilligung muss informiert erfolgen, weshalb nahezu jede werbefinanzierte Website Pop-up-Banner vorschaltet, die viel Text enthalten. Und viele Banner stupsen Nutzer mit Design-Tricks zum "Ja".

Das im Dezember 2021 in Kraft getretene Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) sieht in seinem Paragrafen 26 einen deutschen Sonderweg vor, der die nervigen Banner überflüssig machen soll: In "anerkannten Diensten zur Einwilligungsverwaltung" hinterlegen demnach Nutzer ihre Cookie-Präferenzen zentral. Websites fragen dann nicht mehr direkt den User, sondern holen sich Einwilligung oder Ablehnung bei dem Dienst ab. Die wichtigsten Infos dazu haben wir für Sie zusammengefasst.

Nun hat das von Volker Wissing (FDP) geführte Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) den Entwurf zu einer Verordnung erarbeitet, die den nach TTDSG erforderlichen Rechtsrahmen für die Einwilligungsdienste definieren soll. Nutzer können dem Entwurfstext zufolge "generelle Einwilligungen geordnet nach Kategorien für bestimmte Zugriffe auf Endeinrichtungen und Gruppen von Telemedienanbietern erteilen". Die Dienste müssen gut erklären und informieren, außerdem sollen sie den Nutzer nicht mit Voreinstellungen beeinflussen.

Im BMDV glaubt man, im Entwurf die "richtige Balance" zwischen den Interessen von Nutzern und kommerziellen Anbietern getroffen zu haben. Es gebe "keinen Anspruch auf kostenlosen Content", war aus dem Ministerium zu hören. Diese Prämisse spiegelt sich im Entwurf wider: Zwar dürfen Nutzer im externen Einwilligungsdienst das Setzen von Cookies generell ablehnen. Doch gestattet es der Verordnungsentwurf Anbietern in diesem Fall, Nutzer mit vorgeschalteten Bannern darauf hinzuweisen, dass sie Tracking-Cookies benötigen, um die Site über Werbung zu finanzieren. Außerdem dürfen sie auf ein "kostenpflichtiges Alternativangebot" (auf Medien-Websites die sogenannten "Pur-Abos") verweisen oder den Nutzer "zur Änderung seiner Voreinstellungen beim Dienst zur Einwilligungsverwaltung" auffordern.

Wie Websites die Nutzerpräferenzen beim Einwilligungsdienst abfragen sollen, lässt der Entwurf offen. In der Begründung zum Text, die c’t vorliegt, spricht das BMDV von "technikneutral". Der Browser könne etwa einen HTTP-Request schicken, der die Zusatzinformation enthalte, dass der Endnutzer einen Dienst zur Einwilligungsverwaltung verwendet.

Auch wie die Dienste selbst funktionieren, will das BMDV dem Markt überlassen. Sie dürfen "kein wirtschaftliches Eigeninteresse" daran haben, dass Nutzer möglichst viele Einwilligungen erteilen. Wohl aber dürfen sie kommerziell agieren und auch Geld für ihre Services verlangen. Sie müssen ein Sicherheitskonzept vorweisen und sich anschließend von der Bundesdatenschutzbehörde prüfen und zertifizieren lassen.

Den ersten Entwurf hat das BMDV Ende August mit Bitte um Stellungnahmen an Wirtschaftsverbände geschickt. Er ist noch nicht mit anderen Bundesministerien abgestimmt. Bis er im Bundestag landet, werden noch viele Änderungen folgen – und Monate vergehen. Sollte der Bundestag die Rechtsverordnung durchwinken, muss die EU im sogenannten Notifizierungsverfahren prüfen, ob der Text europarechtskonform ist.

Daran regen sich bereits Zweifel. In einer ersten Stellungnahme kritisiert der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) "handwerkliche Fehler" im Text und moniert, dass der "aktuelle europäische Rechtsrahmen nicht hinreichend gewürdigt" werde. Der Gesetzgeber habe "in den letzten Jahren zunehmend darauf hingewirkt", die Einwilligung als Rechtsgrundlage für Datenverarbeitung zu forcieren, und nun wolle er "deren Einholung quasi untersagen". Dies sei "aus Sicht der Datenökonomie und besonders aus Sicht der informationellen Selbstbestimmung der Nutzerinnen und Nutzer nicht der große Wurf, sondern ein großer Rückschritt".

Das BMDV hat seinen Entwurf genau in einer Zeit vorgelegt, in der die EU dabei ist, ohnehin Cookie-Vorgaben und Einwilligungserfordernisse neu zu regeln: In Brüssel arbeiten Rat, EU-Parlament und Kommission gerade an einem Kompromiss zur E-Privacy-Verordnung. Weil diese EU-Verordnung über dem deutschen Recht stehen wird, könnte die deutsche Rechtsverordnung je nach Verhandlungsergebnis also schon in zwei bis drei Jahren wieder obsolet sein.

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(hob)