El Salvador: Holpriger Start in die Bitcoin-Ära

Als erstes Land hat El Salvador im September 2021 Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt. Die Bilanz der ersten sechs Monate fällt ernüchternd aus.

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(Bild: Novikov Aleksey/Shutterstock.com)

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Von
  • dpa

El Salvador startete mit großen Plänen: Eine Bitcoin-City am Fuße eines Energie-generierenden Vulkans, finanziert durch eine milliardenschwere Anleihe – so sollte ein glänzender Start in die Kryptowährungsära gelingen. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Gut ein halbes Jahr, nachdem der mittelamerikanische Staat Bitcoin als erstes Land der Welt als offiziellem Zahlungsmittel eingeführt hatte, fällt eine erste Bilanz dazu gemischt aus.

Der Tourismus ist im Aufschwung: Über Ostern seien viele Hotels im Land ausgebucht, sagte Tourismusministerin Morena Valdez am Donnerstag im TV-Sender TCS. Seit der Einführung der Digitalwährung am 7. September habe der Tourismus um 30 Prozent zugenommen, hatte sie zehn Tage zuvor bereits mitgeteilt. An Bitcoin interessierte Touristen blieben zudem länger und gäben mehr Geld aus. Auch gebe es großes Interesse an Investitionen aus dem Ausland.

Die für März geplante Ausgabe einer zehnjährigen Bitcoin-Anleihe in Höhe von einer Milliarde US-Dollar blieb bisher allerdings aus – laut Finanzminister Alejandro Zelaya wird der richtige Moment abgewartet. Die Anleihe ist nach Plänen des autoritär regierenden Präsidenten Nayib Bukele unter anderem zur Finanzierung einer Bitcoin-Stadt am Fuße des Conchagua-Vulkans gedacht. Die Energie für das Schürfen der Kryptowährung soll ein Geothermie-Kraftwerk an dem Vulkan erzeugen.

Am 7. September war El Salvadors Bitcoin-Gesetz in Kraft getreten. Ihm zufolge muss jeder Händler, der technisch dazu in der Lage ist, die Kryptowährung annehmen. Auch Steuern können mit der Kryptowährung bezahlt werden. Das Land führte eine digitale Geldbörse namens Chivo ein. Wer sie herunterlud, bekam ein Startguthaben im Wert von 30 US-Dollar (knapp 28 Euro). Zudem wurden rund 200 Chivo-Geldautomaten aufgestellt. Das Chivo-System leidet nach Medienberichten allerdings unter Pannen.

Auch an der Annahme der neuen Währung in der Bevölkerung haperte es. Bereits im Vorfeld hatte es Proteste gegen den Plan gegeben. In einer im Dezember durchgeführten Umfrage der Universität UCA gaben insgesamt 70,1 Prozent der knapp 1300 Teilnehmer an, wenig oder kein Vertrauen in Bitcoin zu haben. Mehr als ein Fünftel wusste nach eigenen Angaben nicht, was Bitcoin ist. Etwa 70 Prozent der Einwohner El Salvadors, wo seit 2001 der US-Dollar statt einer eigenen Währung als Zahlungsmittel benutzt wird, haben laut Regierung kein Bankkonto.

Die Industrie- und Handelskammer befragte im Januar die kleinen und mittleren Unternehmen des Landes. Von ihnen gaben fast 92 Prozent an, die Bitcoin-Einführung habe keine Auswirkungen auf ihr Geschäft gehabt. 86 Prozent hatten das Zahlungsmittel demnach nicht genutzt.

Der Internationale Währungsfonds (IWF), mit dem El Salvador um ein Kreditpaket in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar verhandelt, forderte das Land im Januar auf, Bitcoin wegen zu großer finanzieller Risiken den Status als gesetzliches Zahlungsmittel wieder zu entziehen. Die Kryptowährung ist heftigen Kursschwankungen unterworfen.

(dwi)