Elektrische Signale von Pilzen kontrollieren Roboter

Pilze können als Sensoren für die Steuerung biohybrider Roboter genutzt werden. Dazu müssen die Signale der Pilzmyzelien entschlüsselt werden.

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Der biohybride Seesternroboter wird durch Licht zum Laufen angeregt. Pilze dienen dabei als Sensor.

(Bild: Cornell University)

Lesezeit: 3 Min.

Forscher der Cornell University haben zwei biohybride Roboter gebaut, die die elektrischen Signale von Königsausterpilzen als Reaktion auf deren Umgebung dazu benutzen, um die Roboter anzusteuern. Die Wissenschaftler denken, dass diese Methode es Robotern ermöglicht, besser auf ihre Umgebung zu reagieren, als es synthetische Sensoren können.

Lebende Organismen können auf Umweltreize schneller und flexibler reagieren als künstlich hergestellte Sensoren. Dies machten sich die interdisziplinär arbeitenden Wissenschaftler der Cornell University zunutze, um Königsausterpilze als eine Art von Umweltsensor für Roboter zu verwenden. Das Verfahren beschreiben sie in der Studie "Sensorimotor control of robots mediated by electrophysiological measurements of fungal mycelia", die in Science Robotics erschienen ist.

Die Wissenschaftler nutzten dazu die elektrischen Signale von Pilzmyzelien, dem unterirdischen vegetativen Teil von Pilzen. Die Pilze reagieren auf Umgebungsreize, indem sie elektrische Signale abgeben, die an die neuronenähnlichen Ionenkanäle der Myzelmembran übertragen werden. Diese Signale greifen die Wissenschaftler mit Elektroden ab, auf denen sie zuvor eine Pilzkultur angelegt haben. Die Myzelien stellen so eine dauerhafte Verbindung mit den Elektroden her.

Die Signale, die von den Elektroden erfasst werden, bereinigten die Wissenschaftler von Rauschen und elektromagnetischen Störungen, um ein sauberes Signal von den Pilzen zu erhalten. So konnten sie die elektrophysiologischen Aktivitäten der Myzelien in Echtzeit erfassen und verarbeiten. Ein Controller, der von zentralen Mustergeneratoren inspiriert ist, überwacht die elektrischen Rohsignale, erkennt die rhythmischen Signalspitzen und wandelt sie in ein digitales Steuersignal um. Dieses wird dazu verwendet, um die Aktuatoren der Roboter anzusteuern.

Für ihre Experimente nutzten die Forscher zwei unterschiedliche Roboter: einen weichen, seesternförmigen Roboter mit fünf Beinen sowie einen einfachen vierrädrigen Rollroboter. In beide bauten sie die in einem 3D gedruckten Gerüst auf Elektroden kultivierten Pilze ein. In einem ersten Experiment ließen sie die Roboter auf die natürlichen, kontinuierlichen Signalspitzen der Myzelien reagieren, indem sie die Maschinen über ihre Aktuatoren zum Laufen und Rollen brachten. Im zweiten Versuch stimulierten die Forscher die Pilze gezielt mit ultraviolettem Licht, um so die Fortbewegung der Roboter zu beeinflussen. In einem dritten Experiment gelang es den Forschern, das kontinuierliche Signal der Myzelien komplett zu eliminieren.

Nach Angaben der Wissenschaftler zeigen ihre Forschungsergebnisse zweierlei: So ist es grundsätzlich möglich, mit biologischen Organismen einen Roboter anzusteuern. Viel wichtiger sei jedoch die Erkenntnis, dass es funktioniert, "eine echte Verbindung zu einem lebenden System herzustellen". Dazu müsse man aber das elektrische Signal des Organismus erst entschlüsseln, um es störungsfrei erfassen und nutzen zu können.

Die Wissenschaftler sehen weitere mögliche Anwendungen für das System. Bisher haben sie lediglich Licht verwendet, auf das die Pilze reagierten. Künftig könnten das auch Chemikalien sein. So könnte es mit der Technik gelingen, dass künftig Roboter die Bodenchemie in Reihenkulturen von Nutzpflanzen erkennen und entsprechend die Zufuhr von Dünger regulieren.

(olb)