Elektronische Gesundheitskarte: Der Zeitplan wackelt

Die beteiligten Verbände konnten sich bisher nicht auf eine Lösung verständigen, welche Daten auf der Gesundheitskarte gespeichert und welche von zentralen Servern oder einer völlig dezentral ausgestalteten Lösung geliefert werden können.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Bundesministerin für Gesundheit und soziale Sicherheit, Ulla Schmidt, hat für den kommenden Mittwoch die mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte befassten Experten von Arztverbänden, Krankenkassen und Apothekern zu einem Krisengipfel in ihr Ministerium geladen. Das Krisentreffen ist notwendig geworden, weil sich die beteiligten Verbände bisher nicht auf eine einvernehmliche Lösung darüber verständigen konnten, welche Daten auf der Gesundheitskarte gespeichert werden sollen und welche von zentralen Servern oder einer völlig dezentral ausgestalteten Lösung geliefert werden können. Eile ist geboten: Zum Stichtag 30. September sollen alle Leistungsträger der medizinischen Versorgung dem Gesundheitsministerium das detaillierte Konzept für die Gesundheitskarte und die Daten-Infrastruktur vorlegen. Ist bis dahin keine Einigung erzielt, hat das Ministerium die Möglichkeit, par ordre du mufti die Ausgestaltung der Gesundheitskarte zu bestimmen.

Nach den bisher bekannt gewordenen Plänen soll die Gesundheitskarte mehrere "Fächer" enthalten, in denen die allgemeinen Patientendaten, aber auch Rezeptverordnungen (e-Rezept) oder Wirkstoff-Unverträglichkeiten gespeichert sind. Weiterhin ist angedacht, den Organspendeausweis und die Patientenverfügung auf der Karte zu führen. Doch schon bei einem weiteren Eckstein der Gesundheitskarte, der elektronischen Patientenakte, ergibt sich das Problem, dass für umfangreiche Datensammlungen der Speicherplatz nicht ausreicht. Speicherintensive Daten sollen außerhalb der Karte auf Servern der Krankenkassen im Internet bereitgehalten werden, wobei die Karte selbst als Zugangsschlüssel dient. Gegen diese Lösung haben sich Arzt- und Zahnarztverbände sowie die Apotheker ausgesprochen. Unlängst veröffentlichte das Deutsche Ärzteblatt einen Aufsatz der Mediziner Daniel Grandt und Bruno Müller-Oerlinghusen, in dem es zur Datenspeicherung im Internet heißt:
"Damit wird nicht jeder Patient, der seine medizinischen Daten elektronisch archivieren will, einverstanden sein. Für diese Patienten muss es alternativ möglich sein, Daten in verschlüsselter und nur mit der Gesundheitskarte lesbar zu machender Form dezentral, zum beispiel auf einer CD zu speichern."

Solche dezentralen Lösungen sind bereits entwickelt worden. So hat die Firma Euromed-ID einen "Gesundheitspass" in der Größe einer Mini-CD vorgestellt, die in jedem CD-Laufwerk eines PC abgespielt beziehungsweise bespielt werden kann. Eine Alternative auf DVD-Basis kommt von der Firma ID-Data. Die gesundheitskartengroße DVD hat freilich den Nachteil, dass sie in einen Adapter eingelegt werden muss, da sie asymmetrisch rotiert und DVD-Laufwerke mit ihren hohen Geschwindigkeiten ruinieren kann.

Während bei einer serverbasierten Lösung für die elektronische Patientenakte der Zugriff durch die Krankenkassen problemlos realisierbar ist, haben diese bei der dezentralen Lösung wenig Möglichkeiten, die Akten einzusehen. Daher lehnen sie die von Ärzten und Apothekern favorisierte Lösung ab. Ungeachtet der Differenzen geht die Arbeit an der Gesundheitskarte voran. So veranstaltet am morgigen Donnerstag das CAST-Forum des Fraunhofer-Instituts, das im Rahmen des bIT4health-Projektteams für die Kartenarchitektur zuständig ist, ein Forum, das sich mit den Sicherheitsmechanismen der Karte beschäftigt.

Zur elektronischen Gesundheitskarte und der Reform des Gesundheitswesens siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)