Elektronische Patientenakte: Krankenkassen informieren unzureichend
Die Krankenkassen informieren nicht ausreichend ĂĽber die Risiken der neuen elektronischen Patientenakte. Das ergaben Analysen der Informationsschreiben.
Die Krankenkassen informieren nicht ausreichend über die neue Version der elektronischen Patientenakte (ePA). Das geht aus einer Analyse des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) hervor, die der Apotheken Umschau vorliegt. Ab Anfang 2025 sollen alle gesetzlich Versicherte eine elektronische Patientenakte erhalten – es sei denn, sie widersprechen.
Spätestens seit November versenden alle Krankenkassen Informationsbriefe zur ePA 3.0 und den Widerspruchsmöglichkeiten, dazu sind sie verpflichtet. Dabei müssen die Informationen niederschwellig über die elektronische Patientenakte informieren. Demnach haben dies 14 gesetzliche Kassen, deren Schreiben untersucht wurden, kaum getan. Zu dieser Ansicht kommt auch Prof. Jürgen Windeler, ehemaliger Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
"Die lange, detaillierte Liste soll offenbar die Informationen umfassen, die Versicherte zur Entscheidung über einen Widerspruch ermächtigen". Jedoch seien die "Inhalte der Liste sowie die Art und Weise, wie Informationen zur ePA präsentiert werden und wie mit der gesetzlichen Informationsverpflichtung umgegangen wird [...] geeignet, einen Wunsch nach Widerspruch gar nicht erst aufkommen zu lassen bzw. ihn im Keim ersticken zu lassen", kommentiert Windeler im Observer Gesundheit, der selbst ebenfalls vier Briefe analysiert hat. Demnach komme der Eindruck auf, der Widerspruch sei unerwünscht.
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Bemängelt wird vorwiegend, dass die Informationsbriefe der untersuchten Kassen nicht ausführlich genug seien und über mögliche Risiken nicht informieren. Die AOK Nordwest beschreibt die Daten in der elektronischen Patientenakte beispielsweise als "absolut sicher", dabei gibt es erhebliche Bedenken in Bezug auf den Datenschutz. Zudem werden in manchen Briefen Funktionen beworben, die noch gar nicht verfügbar sind, wie beispielsweise der elektronische Impfpass. In der Vergangenheit wurde immer wieder aus verschiedenen Richtungen kritisiert, dass dies bei den Versicherten falsche Erwartungen wecken könnte. Umso weniger wundert in dem Zusammenhang die von den großen Krankenkassen ausgewiesene, niedrige Widerspruchsquote.
Offliner werden benachteiligt
Die Art und Weise, wie die Krankenkassen über die Möglichkeiten zum Widerspruch gegen die ePA informieren, wird ebenfalls kritisch gesehen. Laut Windeler sind die Informationen zur elektronischen Patientenakte "schwer zu finden". Ebenso stehe nirgends, dass die Daten in dem Europäischen Gesundheitsdatenraum oder möglicherweise in einem transatlantischen Datenraum landen, wie das Gesundheitsministerium in der Vergangenheit bereits angekündigt hatte, was gesetzlich allerdings auch nicht vorgesehen ist.
Außerdem wird bei vielen Krankenkassen die Option, den Widerspruch online einzulegen, beworben. Dabei sollte es auch möglich sein, niedrigschwellig und beispielsweise über den Postweg zu widersprechen. Matthias Mieves, eHealth-Sprecher der SPD im Bundestag, kann die Kritik der Verbraucherschützer nur in Teilen nachvollziehen, wie er gegenüber der Apothekenumschau sagt. Er drängt auf Nachbesserungen hinsichtlich der Widerspruchsmöglichkeiten, sieht aber Menschen ohne digitale Endgeräte nicht vollkommen ausgeschlossen.
Als Basis fĂĽr Opt-out inakzeptabel
Ebenso empfehlen viele Krankenkassen sogar, sich genau zu überlegen, "ob Sie Daten aus Ihrer ePA löschen" oder Leistungserbringer ausschließen. "Das alles wäre nicht zu beanstanden, wenn es sich um das Anpreisen eines Produktes handelte. Als Basis für ein Opt-out-Verfahren ist dies jedoch vollkommen inakzeptabel", resümiert Windeler.
(mack)