Elementarteilchen sollen archäologisches Rätsel der Cheops-Pyramide lösen

Ein Team von US-Wissenschaftlern will die Cheops-Pyramide in Gizeh mit Myonen-Tomographie untersuchen.

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Eine neue Art von Teleskop soll endlich klären, ob es noch unentdeckte Hohlräume in der Cheops-Pyramide gibt.

(Bild: Wikipedia / Jeancaffou / cc by-sa 3.0)

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Myonen sind kurzlebige Elementarteilchen, die dieselbe Ladung wie Elektronen haben, aber rund zweihundertmal mehr Masse. Sie entstehen, wenn hochenergetische Teilchen, sogenannte kosmische Strahlung, auf die Erdatmosphäre treffen. Da die Teilchen nur über ihre elektrische Ladung mit Materie wechselwirken, eignen sie sich sehr gut zur Untersuchung der inneren Struktur großer, massiver Objekte.

In den späten 1960er Jahren nutzten der amerikanische Physiker Luis Alvarez und sein Team erstmals die Myonen-Tomographie, um das Innere der Chephren-Pyramide zu untersuchen. Mit Hilfe so genannter Funkenkammern prüften Alvarez und seine Kollegen, ob sie in der zentralen – aber mutmaßlich bereits im siebten Jahrhundert aufgebrochenen und geleerten – Grabkammer in bestimmten Richtungen mehr Myonen detektieren konnten, als in anderen. Was auf einen Hohlraum in der Pyramide gedeutet hätte. Die Suche, die sich auf einen kegelförmigen Bereich im Zentrum der Pyramide erstreckte, blieb allerdings ergebnislos.

Mehr Glück hatte allerdings ein internationales Team um Kunihiro Morishima von der Universität Nagoya und Kollegen, das mit mehreren bildgebenden Verfahren – unter anderem auch Myonen-Tomographie – einen großen Hohlraum über der Königskammer entdeckte. Das ägyptische Antikenministerium wies Spekulationen, es handele sich dabei um eine bisher nicht entdeckte Grabkammer jedoch zurück. Die Existenz von Hohlräumen in der Großen Pyramide sei "eine wohlbekannte Tatsache".

Die Große Pyramide von Gizeh ist das Grabmal des Pharaos Cheops. Sie wurde aus etwa 2,3 Millionen Steinblöcken – einer Kombination aus Kalkstein und Granit – mit einem Gesamtgewicht von etwa sechs Millionen Tonnen errichtet. Über 3.800 Jahre lang war sie das höchste von Menschenhand geschaffene Bauwerk der Welt. Eigentlich gilt die Pyramide als gut erforscht. Allerdings gibt es immer wieder Gerüchte um bisher unentdeckte Kammern, die durch das Messergebnis von 2017 erneut befeuert wurden.

Querschnitt durch die Cheops-Pyramide: 1. Ursprünglicher Eingang, 2. Al-Ma’mun-Tunnel (heutiger Zugang), 3. Verbindung zwischen ab- und aufsteigendem Korridor, 4. Absteigender Korridor, 5. Felsenkammer, 6. Aufsteigender Korridor, 7. Königinnenkammer mit "Luftschächten", 8. Horizontaler Gang, 9. Große Galerie, 10. Königskammer mit "Luftschächten", 11. Korridor zur Sarkophagkammer und Blockiersteinkammer, 12. Luft- oder Fluchtschacht mit "Grotte"

Mit dem Projekt "Explore the Great Pyramid" (EGP) will eine Gruppe von US-Forschern nun Klarheit gewinnen. Die Forschenden wollen ein Myonenteleskop bauen, das 100 Mal leistungsfähiger sein wird als bisherige Instrumente, die an der Großen Pyramide eingesetzt wurden.

In einem kürzlich veröffentlichten Paper skizzieren die Forschenden den Aufbau der Anlage: Das Myonenteleskop soll im Wesentlichen aus einem Frachtcontainer bestehen, an dessen Wänden Arrays mit Plastikszintilloren befestigt sind. Diese Detektoren senden ein Lichtsignal aus, wenn sie von hochenergetischen Teilchen getroffen werden. Da ein Myon mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit beide Wände des Containers durchquert, lässt sich aus den Signalen mit einem Grad Auflösung die Flugrichtung rekonstruieren. Insgesamt soll der Container rund 1.300 Quadratmeter Detektorfläche enthalten.

Der Plan der Forschenden sieht vor, den Container parallel zu den Achsen der Pyramide zu verschieben, so dass nach und nach das gesamte Volumen gescannt wird. Das EGP-Team rechnet mit einer Beobachtungszeit von zwei Jahren. Einen konkreten Zeitplan für diese Messungen gibt es bisher allerdings noch nicht. Bisher ist das Team noch damit beschäftigt, das Design des Instruments in Simulationen zu optimieren.

(wst)