Embodied Intelligence: Die Zukunft der Roboter liegt in deren Körpern

Am letzten Tag der Wissenschaftstagung zu Embodied Intelligence ging es um den Oktopus: seine Intelligenz, seinen weichen Körperbau und die geschickten Arme.

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Ein 'weicher' Roboterfinger nach dem Vorbild eines Oktopus-Arms

(Bild: Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences / youtube.com (Screenshot aus Video))

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Es waren vor allem Forscher aus dem Bereich der Soft Robotics, die beim International Workshop on Embodied Intelligence immer wieder den Oktopus ins Spiel brachten. Ihnen geht es darum, Roboter aus weichen, nachgiebigen Materialien zu bauen. Viele Aufgaben würden dadurch erleichtert, erklärte etwa Robert Shepherd (Cornell University). So ließe sich mit elastischen Stoffen die Konstruktion anpassungsfähiger Greifer vereinfachen.

Heutige Roboter bestünden immer noch zum großen Teil aus Metallen, die in biologischen Lebewesen überhaupt keine Rolle spielten, bemerkte Shepherd. Daniela Rus (MIT) zeigte so einen Drei-Finger-Greifer, dessen nachgiebige Finger sich sicher um unterschiedlich geformte Objekte schlossen. Ein weiterer Vorteil sei die Möglichkeit, diese Finger im 3D-Druckverfahren herzustellen, wobei die erforderlichen taktilen Sensoren während des Drucks integriert würden. Nicht zuletzt erhöhen weiche Roboter auch die Sicherheit im direkten Kontakt mit Menschen.

Kyu-Jin Cho (Seoul National University) hob hervor, dass zudem die Kontrolle des Roboters zu großen Teilen in dessen Körper selbst und die Materialien verlagert und dadurch die Anforderungen an die Rechenleistung gesenkt werden könnten. Die vielen Freiheitsgrade biegsamer Aktuatoren ließen sich ansonsten kaum kontrollieren. Cho zeigte als Beispiele Fahrzeuge mit verformbaren Rädern und rüsselartigen Manipulatoren, einen durch die Faltkunst Origami inspirierten Flugroboter sowie weitere faltbare Roboter.

Beeindruckend ist auch das von der Harvard University und Beihang University gemeinsam betriebene Soft Tentacle Bot Project, von dem Li Wen (Beihang University) berichtete. Bei dem nach dem Vorbild eines Oktopus-Arms gestalteten Greifer trügen Form und Material gleichermaßen zur Intelligenz des Gesamtsystems bei. Dabei habe sich gezeigt, dass die sich zur Spitze hin verjüngende Form für mehr Flexibilität sorge. In Videoaufnahmen ist zu sehen, wie der Robotertentakel dank seiner Saugnäpfe selbst große Gegenstände sicher greifen kann.

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Eine Herausforderung, so Wen, sei die Integration biegsamer Elektronik. Eine mögliche Lösung für dieses Problem präsentierte Jonathan Rossiter (University of Bristol): den Soft Matter Computer, dessen Elemente selbst aus weichen Materialien gefertigt sind. Das Kernstück ist dabei der Conductive Fluid Receptor, dessen Elektroden in weichen Röhren integriert sind, durch die elektrisch leitende und nicht-leitende Flüssigkeiten fließen.

All das ist größtenteils noch Grundlagenforschung. Obwohl der Gedanke, dass Intelligenz einen Körper braucht, mittlerweile seit gut 30 Jahren in der Welt ist, scheint sich das Forschungsgebiet der Embodied Intelligence immer noch in der Formierungsphase zu befinden. Mit diesem Workshop dürfte es dabei aber einen großen Schritt vorangekommen sein, davon zeugen die Zahl und Vielfalt der Beiträge wie auch die Intensität der Diskussionen. Industrieroboter und die menschliche Gestalt hätten die vergangenen 60 Jahre der Robotik geprägt, sagte Daniela Rus und vermutete: "Die nächsten 60 Jahre werden geprägt sein von Embodied Intelligence, der Allgegenwart von Robotern und einer gestalterischen Vielfalt." Das erscheint nicht übertrieben.

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(tiw)