Endlich Warnmitteilungen fĂĽr deutsche Handys: Cell Broadcast wird aktiviert
8 Monate nach der EU-Frist bekommt Deutschland endlich das Warnsystem Cell Broadcast. Ă–sterreich verschleppt die Umsetzung weiter.
- Daniel AJ Sokolov
- mit Material der dpa
Deutschlands Warnsystem Cell Broadcast geht am Donnerstag bundesweit an den Start – mit acht Monaten Verspätung. Das System, das zum deutschen Warntag am 8. Dezember 2022 getestet wurde, ist eine Ergänzung zu Sirenen an Gebäuden, Radiodurchsagen und Warn-Apps wie Katwarn und Nina. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sieht Cell Broadcast als einen weiteren wichtigen Schritt zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes.
Am Donnerstag läuft die deutsche Frist für die drei Netzbetreiber Deutsche Telekom, Telefónica und Vodafone ab, um das System in Betrieb zu nehmen. Alle drei haben die Einhaltung der Frist in Aussicht gestellt, Telefónica bestätigt das auch ausdrücklich auf ihrer Webseite. EU-rechtlich sollte es eigentlich schon zum 21. September 2022 so weit sein. Die entsprechende EU-Verordnung 2018/1972 sorgt auch dafür, dass der Dienst für die Empfänger der Warnungen gebührenfrei ist.
Technisch keine Neuheit
Cell Broadcast sendet rundfunkartig Nachrichten an alle kompatiblen Smartphones, die in einer Funkzelle eingebucht sind, unabhängig von deren Rufnummer – daher der Name "Cell Broadcast". Bei Katastrophenfällen in Deutschland werden die Warnungen von den Lagezentren der Bundesländer sowie von den Leitstellen der Landkreise und kreisfreien Städte abgesetzt. Allerdings zeigt nicht jedes Mobiltelefon die Mitteilungen automatisch an. Je nach Modell muss der Anwender im Voraus passende Einstellungen vornehmen.
Neu ist das Verfahren nicht. Es wurde bereits für GSM-Netze spezifiziert und 1997 in Paris vorgeführt. Ein wesentlicher Vorteil von Cell Broadcast ist, dass eine große Zahl von Endgeräten in wenigen Sekunden erreicht werden kann – so viele klassische SMS zu versenden, würde die Übertragungssysteme überlasten und somit lange dauern. Cell-Broadcast-Mitteilungen können mit der selben "Seriennummer" wiederholt übertragen werden; auf diese Weise können auch Geräte erreicht werden, die beim ersten Versand nicht in der Zelle eingebucht waren. Handys, welche die Mitteilung bereits erhalten haben, ignorieren die wiederholten Zustellversuche, solange die "Seriennummer" der Nachricht gleich bleibt.
Auch Österreich ist spät dran
Die Mitteilungen bestehen aus bis zu 1395 alphanumerischen Zeichen. Multimedia-Elemente sind nicht vorgesehen. Hyperlinks können zwar im Text enthalten sein, deren Einsatz ist aber umstritten: Wenn zigtausende Empfänger gleichzeitig den Link zu einer Webseite oder einer Telefonnummer klicken, könnte das Netz erst recht wieder ins Wanken geraten.
CB-Empfangsbestätigungen erhält der Absender keine – zigtausende gleichzeitige Empfangsbestätigungen könnten ebenfalls das Netz überlasten und somit den Zweck der Sache unterlaufen. In vielen Ländern ist Cell Broadcast seit Jahren etabliert, beispielsweise in den USA seit 2012, in Kanada seit 2015. Allerdings bringt das System in der Regel keinen Umsatz, wohl aber Kosten, weshalb die deutschen Netzbetreiber es erst unter Zwang eingeführt haben.
In Österreich gibt es bis heute keine nationale Verordnung. Daher wissen die österreichischen Netzbetreiber nicht, wie ihre Systeme konkret aufgesetzt werden müssen. Im Spätsommer war ein Verordnungsentwurf in Begutachtung; er sieht eine schlankere Variante von Cell Broadcast vor als in Deutschland umgesetzt. Österreich möchte auf optionale Funktionen verzichten. Das reduziert die Kosten und beschleunigt die notwendigen Tests. Dafür sollen die österreichischen Netzbetreiber dazu verpflichtet werden, von ihnen neu in Verkehr gebrachte Handys von Haus aus so zu konfigurieren, dass Cell-Broadcast-Mitteilungen empfangen und prominent angezeigt werden.
(ds)