Energieeffizienzgesetz: Ampel verwässert Anforderungen an Rechenzentren

Effizienzvorgaben sollen für Rechenzentren erst ab einer elektrischen Leistung von 300 statt 200 kW gelten. Ein Anschluss an Wärmenetz muss wirtschaftlich sein.

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Cloud, Rechenzentrum,

(Bild: Gorodenkoff / shutterstock.com)

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Die Ampel-Koalition hat sich am Dienstag auf Änderungen am Regierungsentwurf zum geplanten Energieeffizienzgesetz verständigt, die der Energieausschuss des Bundestags am Mittwoch bereits angenommen hat. Damit ist der Weg frei für den Beschluss der Initiative am Freitag im Plenum. Erstmals werden damit Betreiber von Rechenzentren zu Effizienzmaßnahmen verpflichtet. Dies wird nach den Korrekturen des Regierungsbündnisses aber nur noch für Anlagen ab einer Anschlussleistung von 300 Kilowatt (kW) gelten. Die Bundesregierung wollte die Schwelle bei 200 kW festlegen. Schon damit wären laut Bundesumweltamt nur 5 Prozent der hiesigen Rechenzentren – letztlich eine Zahl im niedrigen vierstelligen Bereich – betroffen gewesen. Schätzungsweise bleiben davon nun nur unter einem Prozent übrig.

Ausdrücklich ausgenommen werden die Knoten von Telekommunikationsnetzen wie der De-Cix in Frankfurt. Rechenzentren müssen zudem nicht mehr – wie zunächst vorgesehen – in 5 Kilometer Entfernung zu einem Wärmenetz gebaut werden, um die Abwärme effektiv zu nutzen. Es herrscht also weiter freie Standortwahl. Der geforderte Anschluss an ein Wärmenetz muss ferner unter anderem wirtschaftlich und überhaupt grundsätzlich möglich sein. Wenn Rechenzentrumsbetreiber nach sechs Monaten keine Zusage vom Wärmenetzbetreiber haben, gilt, dass die Abwärme erst mal nicht abgeleitet wird und ohne eine Zusatzverpflichtung gebaut werden kann. Die Regierung hatte hier zunächst eine Vermutung vorgesehen, dass ein Wärmenetz verfügbar sei.

Vorschriften zur Eintrittstemperatur in Rechenzentren hat die Ampel ebenfalls gestrichen. Die Informationspflichten für erfasste Betriebe rund um ergriffene Effizienzmaßnahmen werden zudem reduziert, öffentlich einsehbare digitale Plattformen beim Effizienzregister nicht mehr vorgeschrieben. Die wenigen noch erfassten Rechenzentren müssen bei einem Neubau von 2027 eine geplante PUE (Power Usage Effectiveness) von 1,2 aufweisen. Alle bis 2026 entstehenden Einrichtungen sollen perspektiv eine Energieverbrauchseffektivität von 1,3 erreichen. Der Energiebedarf von Kühlung & Co. beträgt dabei 30 Prozent dessen, was die IT-Ausrüstung verlangt. Das ist längst Stand der Technik.

"Wir haben das Energieeffizienzgesetz für Rechenzentren praxistauglicher gestaltet", freute sich Michael Kruse, Sprecher für Energiepolitik und Verhandlungsführer der FDP-Bundestagsfraktion. "Trotz strikter EU-Vorgaben ist es uns in den Gesetzesverhandlungen gelungen, viele bürokratische Regelungen zu streichen und den Digitalstandort Deutschland zu stärken." Ingrid Nestle, Sprecherin für Energie der Grünen-Fraktion, hob dagegen davor, dass Rechenzentren nun mittelfristig effizienter gebaut werden müssten. Es werde auch eine Plattform für Abwärme geben, sodass Wärmenutzer künftig einfach Bezugspunkte in ihrer Umgebung erkennen könnten. Zudem habe die Koalition den Kreis der Unternehmen mit Pflicht zum Einsatz von Energiemanagement-Systemen ausgeweitet.

Die unter dem Dach des eco-Verbands gegründete Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen begrüßt die auf den letzten Metern erreichten Anpassungen. Es sei sinnvoll, dass neue Rechenzentren nicht mehr innerhalb eines Fünf-Kilometer-Radius von Fern- oder Nahwärmenetzen platziert werden müssten. Denn auch die Nähe zu überregionalen Glasfasertrassen, einem Datendrehkreuz, Fachkräften oder zu erneuerbaren Energien seien grundlegend. "Das Wehklagen der Branchenlobby" sei zu einem großen Teil erfolgreich gewesen, beklagt derweil das Umweltinstitut München. Von einem “ambitionierten” Gesetz, wie es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprochen habe, sei "nichts mehr übrig geblieben". Es stehe zu befürchten, dass bald nachgebessert werden muss, weil die Initiative "nicht einmal die Novelle der europäischen Energieeffizienzrichtlinie vollständig umsetzt".

(mki)