Energiekrise "zwingt" Universitäten zurück zur Online-Lehre

Die hohen Energiekosten machen Universitäten zu schaffen. Einige erwägen, Studierende aus der Ferne zu unterrichten - wie Beispiele in Rheinland-Pfalz zeigen.

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(Bild: insta_photos/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Jana Glose
  • dpa
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Viele Studierende mussten Hörsaal und Bibliothek wegen der Corona-Pandemie gegen den heimischen Schreibtisch tauschen. Nach über zwei Jahren sollte das aktuelle Wintersemester endlich wieder ein Stück Normalität zurückbringen. Doch jetzt stoppen einige Hochschulen in Rheinland-Pfalz zum Energiesparen erneut die Präsenzlehre. Bei Studierenden stößt das auf Unverständnis. Der Trierer Uni-AStA spricht etwa von "reiner Symbolik auf Kosten der Studierenden".

"Um die von öffentlichen Einrichtungen erwarteten 15 Prozent Energieeinsparung zu erreichen, werden wir in der Zeit vom 4. Dezember 2022 bis 8. Januar 2023 die Vorlesungen als reine Online-Vorlesungen anbieten", teilt die Hochschule Koblenz auf ihrer Webseite mit. Bis auf die Feiertage sei die Hochschule für Mitarbeitende und Studierende aber offen und in festgelegten Bereichen auch beheizt, betont eine Sprecherin. Mit der Umstellung auf diese "digitale Phase" können 12,8 Prozent an Strom und 15,4 Prozent an Gas eingespart werden, wie eine Sprecherin der Hochschule ausführte. Andere Einsparmaßnahmen allein, etwa weniger Ausdrucke, das Abschalten von Bürotechnik nach Feierabend und eine Senkung der Heiztemperatur, brächten lediglich 7,5 Prozent Strom- und 4,6 Prozent Gas-Einsparungen.

Auch Studierende in Trier müssen zeitweise wieder von zu Hause aus studieren. Sowohl die Universität als auch die Hochschule setzen die Präsenzlehre vom 19. Dezember bis 6. Januar aus und stellen auf digitale Lehre um. An der Universität Trier bleibe die Bibliothek aber geöffnet, erklärt ein Sprecher. Allerdings mit Einschränkungen: "Die Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek wurden gekürzt, an den Werktagen schließt sie statt um 24 Uhr bereits um 20 Uhr, samstags ist sie sieben Stunden weniger geöffnet, sonntags bleibt sie geschlossen", teilt die Universität mit.

"Es ist ein Rückschlag, dass es uns nach den Corona-Semestern jetzt wieder trifft", sagt Annika Kiefer, Vorsitzende des AStA der Hochschule Trier. Während die Hochschule Geld einspare, müssten die Studierenden mit oft knappen Budgets komplett zu Hause heizen. Einige Studierende würden die längeren Schließzeiten rund um die Feiertage aber auch für einen längeren Heimatbesuch nutzen. An der Hochschule Trier ist dies auch über Karneval möglich: Vom 16. bis 21. Februar wird nur digital gelehrt. Am Umwelt-Campus Birkenfeld gehen die Energiesparmaßnahmen noch weiter: Freitags finden alle Vorlesungen online statt.

Eine längere Weihnachtspause plant auch die Technische Hochschule Bingen. "Alle Hochschulgebäude werden in der Zeit vom 19. Dezember bis zum 8. Januar nicht beheizt", heißt es seitens der Hochschule. Während Mitarbeiter dazu angehalten sind, Urlaub zu nehmen oder im Homeoffice zu arbeiten, findet die Lehre online statt.

Im Präsenzbetrieb bleiben will die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Als ich gelesen habe, dass andere Unis wieder schließen, ist mir ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Ich habe nur gedacht, bitte nicht auch in Mainz und bin froh", sagt Jura-Student Laurent. "Auf gar keinen Fall wieder online. In Präsenz ist es viel effektiver und macht mehr Spaß", erklärt Kommilitonin Sophia. Eine Analyse habe gezeigt, dass potenzielle Einsparungen durch eine temporäre Schließung der Universität kaum ins Gewicht fielen, erklärt eine Sprecherin der Mainzer Uni. Sparen will die Uni etwa mit der Schließung von Bibliotheksbereichen zu Randzeiten und an Wochenenden. Außerdem werden alle Räume wie auch an den anderen befragten Hochschulen in Rheinland-Pfalz auf maximal 19 Grad geheizt.

Mit dicker Mütze und Wollpulli sitzen die meisten Studierenden aber nicht in den Hörsälen. "Manchmal ist es etwas kühler, aber durch das ständige Lüften in der Corona-Zeit war es schon länger kälter", sagt Soziologie-Studentin Nina. "Ich friere nicht und merke keinen Unterschied zu früher", ergänzt auch Wirtschaftsstudentin Mareika und Kommilitone Patrick findet: "Bevor sie die Schließzeiten hier verändern, sollen sie lieber die Heizung ausmachen."

Das setzt die Technische Universität Kaiserslautern bereits auf den nicht mehr geheizten Fluren um. Um Energie zu sparen, sei außerdem die Beleuchtung reduziert, erklärte eine Sprecherin. Auch die meisten Duschen am Campus sowie das Warmwasser zum Händewaschen seien abgestellt. Schließen wolle die TU aber nicht. "Die Universität ist und bleibt im Präsenzbetrieb."

Das gilt auch an der Universität Koblenz-Landau. Weder Teil- noch Komplettschließungen seien geplant, erklärt eine Sprecherin. Unabhängig von der Energiekrise werde der Campus aber von Weihnachten bis Neujahr grundsätzlich geschlossen, um Energie zu sparen.

Auch die Hochschule in Worms nutzt "Betriebsferien" zwischen den Jahren zum Sparen, erklärte eine Sprecherin. Schließen will die Hochschule nur im Notfall. "Eine Rückkehr zur digitalen Lehre ist erst in allerletzter Konsequenz vorgesehen und soll aus didaktischen und psychosozialen Gründen mit oberster Priorität vermieden werden."

(olb)