Erfahrungsbericht einer Online-Wahl

Die Esslinger Jugend hat sich unlängst an der Online-Wahl versucht. Ihre Erfahrungen zeigen die Schwächen der e-Demokratie.

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Von
  • Clemens Gleich

In der schwäbischen Gemeinde Esslingen konnte vom 9. bis 13. Juli 2001 der neue Jugendgemeinderat auch online gewählt werden. Nun veröffentlichen die Veranstalter einen Erfahrungsbericht, der unter anderem Erklärungen für die Tatsache liefert, warum letztendlich nur 34 Leute von 271 von der Möglichkeit der Briefwahl übers Netz Gebrauch machten.

Die Eigenanalyse der Probleme ergab: Der hohe Aufwand, sich eine Karte, ein Lesegerät und eine glaubhafte digitale Signatur zu erstellen, steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Daneben stellten sich selbstverständlich viele Randprobleme ein, die noch weiter abschreckten. Ein Formular musste zum Beispiel am Rechner ausgefüllt werden, dann aber ausgedruckt, unterschrieben und mit der Schneckenpost verschickt werden.

Da befürchtet wurde, dass sich Computerfreaks mit der Veranstaltung einen Scherz erlauben würden, testete man das System vorher auf Löcher. Die Testangreifer waren dabei Anwender von "mittlerem Wissensstand" und konnten dann auch keine Lücken finden. Die tatsächliche Wahl blieb von Attacken irgendeiner Art unbehelligt, anscheinend war sie doch nicht interessant genug. Kaum demokratisch ging es bei der Wahl der Mittel zu: Wer keinen Windows-PC mit mindestens einem IE5 hatte, war gleich von vornherein ausgeschlossen.

Die Stimmabgabe im Internet war jedoch nicht der einzige Weg, elektronisch zu wählen. Bei einer Wahlveranstaltung in einer örtlichen Diskothek konnten die anwesenden Wahlberechtigten über ein so genanntes Wahlgerät ihre Entscheidung auf elektronischem Wege fällen. Die auf diese Weise ermittelten Daten wurden später per Hand in den Wahlserver eingetippt, und zwar gleich zweimal, um Flüchtigkeitsfehler zu vermeiden.

Die Esslinger haben ihre gemischten Erfahrungen mit der Netzwahl im Internet auf beinah 50 Seiten PDF ausgewälzt. Dort sind nach einigem Suchen auch weitere harte Fakten zu finden. Generell erweckt die Aktion jedoch den Eindruck, als sei das kleine "e", das gerade dabei ist, die New Economy ihrer übereilten Hoffnungen zu berauben, zu früh und unbedacht auf die Politik losgelassen worden. (cgl)