Erfahrungswerte: Kamerakonzepte im Vergleich (II) – WB650

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Geotagging, also die Verknüpfung von Bildern mit einer möglichst exakten Angabe zum Ort ihrer Entstehung, interessiert mich schon seit einigen Jahren. Dennoch sind nur wenige meiner Bilder mit den entsprechenden Angaben ausgestattet, das Einbinden von GPS-Trackdaten meines Handys oder GPS-Loggers in die Bilddateien meiner Kameras empfinde ich als zeitraubend und lästig. Die WB650 verspricht mit einem integrierten GPS-Empfänger Abhilfe. Ein ausreichend starkes GPS-Signal vorausgesetzt, schreibt sie die aktuellen Ortskoordinaten sofort in jede neu fotografierte Bilddatei.

Ein kleiner Schalter an der Oberseite der Kamera aktiviert den GPS-Empfang, bis zur ersten Positionsermittlung vergehen unter freiem Himmel und ohne Abschattung durch hohe Gebäude rund 45 bis 60 Sekunden. Die Reaktivierung des GPS-Empfangs nach kurzzeitigem Ausschalten der Kamera dauert etwa 5 bis 10 Sekunden. Die Belastung des Akkus scheint moderat, nach einem halbtägigen Ausflug mit etwa 120 Aufnahmen und ständig aktivem GPS war der zuvor frisch geladene Akku noch zu mehr als zwei Dritteln gefüllt. Eher enttäuscht hat mich allerdings die Empfangsleistung. Bereits ein Autodach verhindert den GPS-Empfang zuverlässig, das GPS meines Handys (HTC Dream, alias G1) funktionierte unter gleichen Bedingungen anstandslos.

Als bislang einzige Kamera zeigt die WB650 den Aufnahmeort eines Fotos oder die aktuelle Position des Fotografen direkt auf einer Landkarte an

Eine eigene Software für den Umgang mit Geotags liefert Samsung nicht, als bislang einzige Kamera zeigt die WB650 aber bereits auf dem Kameramonitor für jedes mit GPS-Tag versehen Bild eine Landkarte des Aufnahmeorts an. Auch eine Anzeige des aktuellen Standorts ist möglich. Voraussetzung für beide Funktionen ist jedoch eine längere und für PC-Laien auch etwas komplizierte Download- und Kopierprozedur, denn das für die kamerainterne Ortsanzeige notwendige Kartenmaterial gehört nicht zum Lieferumfang.

Den Vermerk auf der Downloadseite, dass maximal drei Downloads der nach Staaten unterteilten Kartendaten möglich seien, darf man dabei wohl getrost ignorieren. Eine Nachfrage bei Samsung ergab, dass dieser Text sachlich falsch und die Zahl der Downloads unbegrenzt sei. Ein anschließender Test hat diese Angabe bestätigt, mehr als zwei Wochen später war der irreführende Hinweis allerdings noch immer Bestandteil der Webseite. Wer mit der WB650 in exotischere Regionen reisen und dort die Landkartenanzeige nutzen will, sollte zudem einen Blick auf die Liste der verfügbaren Karten werfen, derzeit hält Samsung nur Kartenmaterial für 54 Staaten bereit.

Wie die NX5 erlaubt auch die WB650 HD-Videoaufnahmen im Format 720P, eine Blendenvorwahl wie bei der NX5 gibt es hier allerdings nicht. Ein mit Blick auf die viel größere Schärfentiefe der WB650 zu verschmerzender Nachteil. Gespeichert wird, wie bei der NX5 im MPEG4-Format, als Codec kommt H.264 zum Einsatz. Praktisch fand ich die separate Video-Aufnahmetaste, mit der eine Videoaufzeichnung auch in den Fotomodi der Kamera und ohne vorheriges Umschalten in die Video-Betriebsart möglich ist. Der Versuch, die Videos auf dem Fernseher abzuspielen, wurde wiederum jäh gestoppt. Nicht einmal das meist obligatorische TV-Kabel gehört zum Lieferumfang der WB650, von einem HDMI-Kabel ganz zu schweigen. Für letzteres gibt es zwar eine Anschlussbuchse, passende Kabel sind bislang aber Mangelware. Grund ist die Verwendung des noch sehr jungen "Typ D"-Steckerstandards, auch als "Micro HDMI" bekannt. Nach vergeblicher Suche im Internet konnte mir erst die Pressestelle von Hama weiterhelfen. Die Verbindung der Kamera zum Fernseher funktionierte anstandslos, störend fand ich jedoch, dass die auf dem Kamerabildschirm angezeigten Bedienungselemente auch bei der TV-Wiedergabe nicht ausgeblendet werden können. So haben mir Detail- und Farbwiedergabe der Videoclips zwar gut gefallen, echter Filmgenuss konnte wegen der störenden Steuerungselemente aber nicht aufkommen.

Die Ausstattungsliste der WB650 weckt Interesse, verspricht sie doch ein im Vergleich zu vielen anderen Kameras ungewöhnlich großes Einsatzspektrum. Die geringe Baugröße fordert allerdings einigen Tribut, sowohl in Fragen der Bedienbarkeit wie auch bei der Bildqualität. Eine Systemkamera, mit oder ohne Spiegel, bietet eine effizientere Bedienung und liefert dank ihres in der Regel deutlich größeren Bildsensors auch die eindeutig besseren Fotos. Ein Gegenargument jedoch bleibt: In der Brusttasche meiner Jeansjacke finden SLRs und vergleichbare Systemkameras, wie eingangs vermerkt, beim besten Willen keinen Platz. Genau deshalb habe ich die WB650 trotz ihrer kleineren und größeren Schwächen sehr gern eingesetzt.

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