Erste Hinweise auf die Performance des AMD-Netbookprozessors Ontario

Ab Anfang 2011 sollen Billignotebooks mit neuen AMD-Prozessoren erhältlich sein, die mit Intels Dual-Core-Atoms konkurrieren. Die unter dem Codenamen Ontario entwickelten Chips werden einen oder zwei Kerne sowie eine GPU enthalten.

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AMD Bobcat: Abgespeckter CPU-Kern für Billigrechner

(Bild: AMD)

Anfang kommenden Jahres sollen die ersten Subnote- und Netbooks mit neuen AMD-Prozessoren erscheinen, die unter dem Codenamen Ontario entwickelt wurden. Die vom Auftragsfertiger TSMC mit 40-Nanometer-Technik produzierten Chips werden einen oder zwei CPU-Kerne sowie eine DirectX-11-kompatible GPU enthalten.

Über die Performance des Grafikprozessors ist noch nichts bekannt, sie soll aber höher liegen als bei der GMA-3150-GPU, die Intel in die aktuellen Netbook-Prozessoren Atom N450, den schnelleren N475 und die kommenden Doppelkern-Atoms für Netbooks integriert. Vor allem dürfte die AMD-Mobilplattform Brazos mit dem Herzstück Ontario HD-Videos abspielen und HDMI-Displays anbinden können – Funktionen, die Intel bei der aktuellen Atom-Generation absichtlich blockiert beziehungsweise erschwert, um die Marktsegmente teurerer Prozessoren zu schonen. Einen sparsamen Dual-Core-Atom für Netbooks hatte Intel überhaupt erst angekündigt, nachdem AMD die jüngste Nile-Plattform vorgestellt hatte.

Obwohl AMD den boomenden Netbook-Markt zunächst ignorieren wollte, steigt sie rund drei Jahre nach Beginn der Atom-Ära konsequent ein: Die CPU-Kerne des Ontario weisen die neue Bobcat-Mikroarchitektur auf, über die AMD erst wenig verraten hat. Wie bei den "Bonnell"-Kernen der aktuellen Atoms soll es sich um besonders kompakte und sparsame Implementierungen von x86- beziehungsweise x86-64-kompatiblen Rechenwerken handeln. Bobcat bringt aber laut AMD nicht dieselbe Rechenleistung wie die zurzeit aktuellen K10-Kerne, sondern "90 Prozent" davon – also mehr als Intels Atom?

Der Blogger Matthias Waldhauer verweist auf CPU-Einträge des Distributed-Computing-Projekts BOINC, die anscheinend von einem Dual-Core-Ontario stammen. Das BOINC-Team, welches diese Prozessoren betreibt, nennt sich AMD_ProcVal – wenn es sich tatsächlich um Ontario-Prozessoren handelt, will AMD offenbar Intel ein wenig provozieren: Im Vergleich zu den aktuellen Atom-Versionen N450 (1,6 GHz), N470 (1,83 GHz) oder D510 (1,6 GHz) ist die vermeintliche Ontario-CPU jedenfalls erheblich schneller. Unter Windows ermittelt die BOINC-Software eine Gleitkomma-Rechenleistung von 1,351 GFlops – fast 90 Prozent mehr als bei einem Atom D510 (0,721 GFlops).

Die BOINC-Software vermisst dabei anscheinend stets nur die Rechenleistung eines einzelnen Kerns. Bei Ganzzahlberechnungen liegt ein Ontario-Kern mit leider unbekannter Taktfrequenz über 60 Prozent vor einem 1,6-GHz-Atom (3,047 statt 1,87 Milliarden Integer-Operationen pro Sekunde). Interessant ist auch ein Vergleich mit dem AMD-Stromsparprozessor Athlon II X2 250u für Desktop-PCs, der mit 1,6 GHz Taktfrequenz läuft und laut BOINC-Messung um 18 Prozent (Gleitkomma) beziehungsweise 9 Prozent schneller ist als der vermutliche Ontario.

Details zu Ontario sind noch Mangelware – die Größe des Die, seine Bauform oder die zum Betrieb nötigen Chipsatz-Bauteile hat AMD noch nicht verraten und schweigt auch zu Taktfrequenz und Leistungsaufnahme. Die Caches sollen aber laut AMD 1 MByte an Daten speichern, also wohl 512 KByte pro Kern wie beim aktuellen Atom. Ebenfalls wie beim Atom sind die Befehlssatzerweiterungen SSE, SSE2 und SSE3 vorgesehen, zusätzlich noch Virtualisierungsfunktionen. Der Prozessor ist für DDR3-Speicher ausgelegt. Möglicherweise erscheinen auch Single-Core-Varianten.

Mit höherer CPU- und GPU-Performance sowie größerem Funktionsumfang dürfte Ontario gegen den Atom punkten. Dank kleiner Chipfläche und Produktion auf Standardsilizium dürfte AMD auch mit den Verkaufspreisen besser gegen den Atom antreten können als mit K8- oder K10-Varianten, die recht große Flächen auf teureren SOI-Wafern belegen.

Die Webseite Fudzilla will erfahren haben, dass der schnellste Dual-Core-Ontario 18 Watt TDP benötigt – das wäre relativ viel im Vergleich sogar zum Desktop-PC-Prozessor Atom D525, für den Intel 13 Watt nennt. Die für viele Netbooks typischen Laufzeiten von mehr als 6 Stunden wären dann nur mit kräftigeren, also auch teureren und schwereren Akkus möglich oder wenn der Ontario seine Leistungsaufnahme im Leerlauf stärker drosselt als bisherige AMD-Notebookprozessoren.

Später im Jahr 2011 wird von Intel die 32-Nanometer-Atom-Generation Cedarview erwartet, deren überarbeiteter Grafikkern vermutlich ebenfalls HD-Video-tauglich sein wird. Ob Intel dann auch den CPU-Teil deutlich optimiert oder die Taktfrequenzen anhebt, ist noch völlig offen. (ciw)