EuGH: YouTube & Co. haften nicht unmittelbar für rechtswidrige Uploads
Upload-Plattformen wie YouTube und uploaded.net geben hochgeladene Inhalte nach aktuellem Recht nicht selbst öffentlich wieder, hat der EuGH entschieden.
Betreiber von Online-Plattformen wie YouTube und uploaded.net haften momentan nicht unmittelbar, wenn Nutzer urheberrechtlich geschützte Werke bei ihnen hochladen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in einer Entscheidung zu Video-Sharing- und Sharehosting-Diensten entschieden (C-683/18). Prinzipiell gelten demnach für die Anbieter die Haftungsprivilegien aus der E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 wenn Nutzer fremde Werke über solche Server rechtswidrig öffentlich wiedergeben lassen.
Voraussetzung dafür ist, dass der Betreiber eine neutrale Rolle als Vermittler spielt, erklärten die europäischen Richter. Hier gelte es zu prüfen, "ob sein Verhalten rein technisch, automatisch und passiv ist". Der Anbieter dürfe keine Kenntnis oder Kontrolle über die von ihm gespeicherten Inhalte haben, sonst könne er verantwortlich werden.
Provider darf nicht anstiften
Die Plattformbetreiber führen selbst keine öffentliche Wiedergabe der entsprechenden hochgeladenen Werke im Sinne der grundlegenden Urheberrechtsrichtlinie von 2001 durch, hat der EuGH herausgearbeitet. Dies gelte aber nur, wenn die Anbieter allein die Plattform bereitstellen. Sie dürften nicht dazu beitragen, der Öffentlichkeit "unter Verletzung von Urheberrechten Zugang" zu geschützten Inhalten zu verschaffen.
Letzteres sei etwa der Fall, wenn der Betreiber von einer rechtsverletzenden Veröffentlichung auf seinem Portal "konkret Kenntnis hat und diesen Inhalt nicht unverzüglich löscht oder den Zugang zu ihm sperrt". Zudem müsse der Anbieter "geeignete technische Maßnahmen" ergreifen, um Urheberrechtsverletzungen "glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen".
Nicht aus der Verantwortung entlassen will der EuGH zudem Betreiber die auf ihrer Plattform unerlaubtes Verbreiten fördern, etwa indem sie Hilfsmittel anbieten. Dabei wiegt schwer, wen ein Anbieter "ein Geschäftsmodell gewählt hat, das die Nutzer seiner Plattform dazu verleitet", fremde Werke rechtswidrig öffentlich zugänglich zu machen.
Beide Fälle aus Deutschland
Die Richter folgen so im Kern der bereits fast ein Jahr alten Empfehlung des EuGH-Generalanwalts Henrik Saugmandsgaard Øe. Sie stellen zudem klar, unter welchen Voraussetzungen Rechteinhaber nach der alten Urheberrechtsrichtlinie gerichtliche Sperranordnungen erwirken können. Eine Rechtsverletzung muss dem Betreiber zunächst zur Kenntnis gebracht werden. Erst wenn dieser das Werk nicht unverzüglich sperrt oder entfernt und erneutes Hochladen unterbindet, sei ein Verfahren gerechtfertigt.
In dem einen vom EuGH behandelten Streit C-682/18 verklagte der Musikproduzent Frank Peterson YouTube und die Mutterfirma Google, nachdem 2008 auf YouTube Musikwerke aus dem Repertoire der Sängerin Sarah Brightman eingestellt worden waren. Das Landgericht Hamburg hatte YouTube zunächst zum Sperren verdonnert. Das Oberlandesgericht entschied dagegen, der Betreiber müsse nicht aktiv prüfen, ob Nutzer geschütztes Material hochladen.
In der zweiten Rechtssache C-683/18 geht die Verlagsgruppe Elsevier vor deutschen Gerichten gegen die Firma Cyando, Betreiberin von uploaded.net vor. Anlass ist 2013 erfolgtes Teilen verschiedener Werke auf der Sharehosting-Plattform. Der mittlerweile mit beiden Streitigkeiten befasste Bundesgerichtshof (BGH) hatte dem EuGH mehrere Fragen dazu zur Vorabentscheidung vorgelegt. Anhand der Antworten darauf muss der BGH nun sein Verfahren fortsetzen.
Ab August anders
Mit der 2019 Jahr verabschiedeten EU-Urheberrechtsreform dürfte die EuGH-Entscheidung nicht lange nachhallen. Denn der EU-Gesetzgeber erlegt Portalbetreibern neue Haftungen auf. Der Bundestag hat die Vorgaben jüngst mit einem speziellen Konstrukt in deutsches Recht umgesetzt und dabei Upload-Filter nicht ausgeschlossen. Die Reform tritt Anfang August in Kraft.
"Die von vielen erhofften Klarstellungen seitens des EuGH zur Plattformhaftung sind nach erster Einschätzung leider nur bedingt erfolgt", zeigte sich Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie (BVMI) enttäuscht über die Entscheidung. Auch mit der Urheberrechtsnovelle sei hierzulande die geforderte Rechtssicherheit im Bereich der digitalen Lizenzen "auf Sicht nicht erzielt" worden. Julia Dönch, Rechtsanwältin bei der Kanzlei CMS, geht derweil davon aus, dass das Urteil für künftige Auseinandersetzungen über Uploads keine Auswirkungen mehr haben werde. Betreiber müssten fortan für die von Nutzern hochgeladenen Werke die Zustimmung der Rechteinhaber für öffentliche Wiedergabe einholen.
(ds)