Europa als sicherer Hafen für bedrohte Journalisten
Im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien schilderten Experten die düstere Lage für Journalisten in manchen Ländern. Michael Redikse von Reporter ohne Grenzen forderte dabei von westlichen Staaten "Fluchthilfe" für bedrohte Journalisten.
Die Abgeordneten des Kultur- und Medienausschusses aller Bundestagsfraktionen sind sich einig, dass Pressefreiheit und Medienvielfalt in demokratische Staaten unabdingbar sind. So lautet ein Fazit des öffentlichen Expertengesprächs (PDF-Datei) am Mittwoch im Bundestag über "Gefährdungen der internationalen Pressefreiheit". In vielen Ländern sei die Pressefreiheit aber nicht garantiert oder zumindest stark eingeschränkt, würden Journalisten verfolgt und bedroht, verhaftet oder getötet.
Als Experten geladen waren Gerda Meuer, Direktorin der Deutschen Welle Akademie, Michael Rediske, Vorstandsmitglied von Reporter ohne Grenzen, und Andreas Weiss, Koordinator für den Bereich internationale Berichterstattung bei der ARD. Sie schilderten, dass aus Ländern wie Vietnam, Kuba, Nordkorea und Myanmar kaum noch frei berichtet werden könne. In China seien nach Ende der Olympischen Spiele in Peking die Arbeitsbedingungen für alle Journalisten wieder massiv eingeschränkt worden. Rediske forderte "unbürokratische Fluchthilfe" westlicher Staaten für verfolgte Journalisten in Ländern wie dem Iran. Die europäischen Staaten müssten ein "sicherer Hafen für bedrohte Journalisten" sein.
Meuer, Rediske und Weiss bewerteten auch die Situation in Ungarn, Italien und Frankreich kritisch. Das ungarische Mediengesetz sei "katastrophal", auch nachdem es auf Druck der EU-Kommission überarbeitet wurde. In Frankreich und Italien nehme der Staat massiv Einfluss auf die Medien. Meuer schränkte ein, dass es im Vergleich zu vielen Staaten außerhalb Europas eine "Klage auf hohem Niveau" sei. Bündnis 90/Die Grünen hatten in einem Antrag die Beschränkungen der Medienvielfalt in den EU-Staaten bemängelt und von der Bundesregierung gefordert, sich für Pressefreiheit in Europa einzusetzen.
Rediske und Weiss widersprachen dem CDU-Abgeordneten Johannes Selle, der gesagt hatte, er kenne keinen konkreten Fall aus Ungarn, in dem die Pressefreiheit konkret beschränkt worden sei. Rediske meinte, es sei nicht akzeptabel, dass der Staat die audiovisuellen Medien zu einer "ausgewogenen Berichterstattung" verpflichtet und mit Geldstrafen im Fall der Nichtbeachtung droht, wie es das ungarische Mediengesetz vorsieht. Die Ausschussvorsitzende Monika Grütters (CDU) betonte, die Situation in Ungarn gebe allen Grund zur Sorge. Ihr lägen Briefe von Künstlern aus Ungarn vor, die sich nicht mehr auf die Straße trauten. (anw)