Europa will Konkurrenz zum MIT schaffen

Ein Europäisches Technologieinstitut ETI soll nach dem Vorschlag der Kommission noch vor Ende des Jahrzehnts seine Arbeit aufnehmen. Neben einem kleinen Verwaltungsrat sollen europaweit "Wissensgemeinschaften" entstehen.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Die Europäische Kommission schlägt dem Europäischen Rat vor, ein Europäisches Technologieinstitut (ETI) einzurichten. Es soll zum europäischen "Markenzeichen für Spitzenqualität in den Bereichen Ausbildung, Forschung und Innovation" werden und dem Vergleich mit dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) standhalten. Kommissionspräsident José Manuel Barroso bezeichnete das Institut am Mittwoch dpa zufolge als Teil des Bemühens, "unsere klügsten Köpfe in Europa zu halten".

Die Grundzüge des ETI gehen auf die überarbeitete Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung zurück. Die Entscheidung über die Gründung des Technologieinstitutes liegt nun bei den Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Staaten. In dem Vorschlagspapier der Kommission werden noch keine Angaben zum Budget des ETI oder zu einem Finanzierungsschlüssel gemacht. Barroso sagte lediglich, die EU, die Mitgliedstaaten und Privatunternehmen sollten gemeinsam die Finanzlast tragen. Die Kommission will vor Jahresende 2006 den Regierungschefs einen formalen Vorschlag vorlegen. Wird die Rechtsgrundlage zur Einrichtung des ETI im Jahr 2008 verabschiedet, könnten Anfang 2009 der Verwaltungsrat ernannt und die ersten Mitarbeiter eingestellt werden, hofft die Kommission.

Die Einbindung der Wirtschaft wird nach Ansicht von EU-Bildungskommissar Jan Figel dazu führen, dass die Arbeit im Technologieinstitut konkrete Ergebnisse hat. "Die Beteiligung von Unternehmen ist von entscheidender Bedeutung." Der EU-Kommission schwebt ein Verwaltungsrat vor, der mit einer "schlanken Verwaltung" arbeitet. Der Sitz dieses Verwaltungsrates ist noch unklar. Es müsse "keine neue Universität an einem festen Standort gegründet" werden. Vielmehr gehe es darum, in ganz Europa "Wissensgemeinschaften" zu schaffen, in denen Forscher in Bereichen von strategischer Bedeutung zusammenarbeiteten.

Unternehmen wie der Handy-Riese Nokia oder der italienische Reifenhersteller Pirelli hätten bereits ihre Unterstützung für das ETI signalisiert, berichtet die Financial Times mit Berufung auf kommissionsnahe Kreise. Auch Microsoft-Gründer Bill Gates soll demnach Sympathien für den MIT-Rivalen gegenüber Kommissionspräsident Barroso geäußert haben. Kritischer sieht dem Bericht zufolge hingegen der frühere britische EU-Kommissar und heutige Kanzler der Oxford University, Lord Patten das ETI-Projekt: Europa besitze bereits "eine oder zwei Institutionen", die mit dem MIT auf Augenhöhe stünden und es wären noch etliche mehr, wenn sie finanziell besser ausgestattet wären. (ssu)