Europäisches Parlament bremst das Gemeinschaftspatent

Nachdem sich der Ministerrat Ende vergangener Woche anscheinend endgültig über das Gemeinschaftspatent geeinigt hatte, verschob das EU-Parlament nun die Abstimmung dazu.

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Von
  • Christian Kirsch

Am vergangenen Freitag hatte sich der EU-Ministerrat auf Paris als den Sitz des zukünftigen europäischen Patentgerichts geeinigt. Bei der Gelegenheit wurden auf Druck Großbritanniens die Artikel 6 bis 8 der geplanten Richtlinie kurzerhand gestrichen. Am 4. Juli hätte das Europäische Parlament (EP) über die neue Regelung abstimmen sollen – daraus wird nun nichts.

Auf Wunsch der beiden deutschen Berichterstatter Bernhard Rapkay (SPD) und Klaus-Heiner Lehne (CDU) wurde die Abstimmung von der Tagesordnung gestrichen. Rapkay wies darauf hin, der Ministerrat habe am 2. Dezember 2011 zugesagt, das Gesetz in seiner damaligen Form zu billigen, wenn das EP ebenfalls zustimme. Es jetzt zu ändern, wäre ein "eklatanter Verstoß" gegen das übliche Vorgehen. Er fügte hinzu, das Schachern um den Sitz des EU-Patentgerichts habe an einen "orientalischen Bazar" erinnert.

In den strittigen Artikeln 6 bis 8 war das letzte Wort bei Patentverletzungen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) überlassen. Teile der Patentlobby hatten sich vehement gegen diese Bestimmung ausgesprochen, da der EuGH das materielle Patentrecht verändern könne. Insbesondere äußerten sie Befürchtungen, dass die bislang vom Europäischen Patentamt erteilten Softwarepatente legalisiert werden könnten.

Anfang Mai 2012 hatte der EU-Ausschuss des britischen Parlaments eine über 100 Seiten lange Stellungnahme zum geplanten Gemeinschaftspatent veröffentlicht (PDF-Datei). Sie machte sich diese Kritik am EuGH als letzter Instanz in Patentstreitigkeiten zu eigen. Bei den Auseinandersetzungen um den Sitz des Patentgerichts soll der britische Premierminister David Cameron angeblich auf London verzichtet und dafür die Streichung der drei Artikel durchgesetzt haben.

Am EU-Gemeinschaftspatent sind bis auf Italien und Spanien alle EU-Mitgliedsstaaten beteiligt. Ein danach erteiltes Patent würde automatisch in allen diesen 25 Ländern gelten, eine Beantragung in jedem einzelnen Land wäre nicht nötig. (ck)