Ex-Bertelsmann-Chef wird Investmentbanker

Thomas Middelhoff hat eine neue Geschäftsadresse: Bei der Arabian Investment Banking Corporation in der Grosvenor Street im eleganten Londoner Mayfair-Quartier.

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Von
  • Hannes Bahrmann
  • dpa

Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff hat eine neue Geschäftsadresse: Grosvenor Street im eleganten Londoner Mayfair-Quartier. Nach fast einjähriger Auszeit wird der 50 Jahre alte Star-Manager Partner der Investmentfirma Investcorp und übernimmt für sie die Leitung der europäischen Geschäfte. Seit Middelhoff im Juli vergangenen Jahres die Bertelsmann-Spitze im Streit mit Firmenpatriarch Reinhard Mohn um die künftige Strategie des Konzerns verlassen hatte, war immer wieder über einen neuen Job spekuliert worden. Von der Führungsposition beim weltgrößten Medienkonzern AOL Time Warner war da die Rede und auch von dem Chefposten bei der Deutschen Telekom. Middelhoff selbst hatte angedeutet, dass er außerhalb Deutschlands eine Perspektive sehe.

Investcorp hat in Bankkreisen einen klangvollen Namen. Die Arabian Investment Banking Corporation (Investcorp) steht für große Geschäfte: Viele, die kaum Schlagzeilen machen, aber auch solche, wie die Übernahme des New Yorker Schmuckunternehmens Tiffany in den 80er Jahren, das dem Vernehmen nach nur drei Jahre später für sechs Mal mehr an die Börse ging, als es gekostet hatte. Auch die italienische Nobelmarke Gucci wurde von Investcorp für 290 Millionen US-Dollar gekauft. Bei Börsengängen Mitte der 90er Jahre sollen dann 2,1 Milliarden US-Dollar erlöst worden sein. Neben Luxusmarken wie Schweizer Uhrenfirmen, investiert Investcorp breit gestreut in den USA und Westeuropa. In Deutschland gehören zum Portfolio zum Beispiel Beteiligungen am Hersteller von Glasverpackungen Gerresheimer Glas und dem TV-Kabelanbieter Callahan.

Branchenkenner sehen in der Entscheidung der Investmentbanker für Thomas Middelhoff die Erwartung, dass er mit seiner internationalen Reputation und seinem weltweiten persönlichen Netzwerk für den Job bestens geeignet ist. Dafür ist er in den kleinen Kreis der Partner aufgenommen worden und dürfte künftig einer der am besten bezahlten europäischen Manager sein.

Den größten Teil seines Berufslebens verbrachte Middelhoff im ostwestfälischen Gütersloh bei der Bertelsmann AG, als Chef von Druckereien, als Vorstandsmitglied für strategische Entwicklung und ab 1998 schließlich als Vorstandsvorsitzender. Der Unternehmersohn aus Bielefeld wurde schnell international bekannt: Frühzeitig investierte er mit Bertelsmann in neue Medien, schloss Freundschaft mit AOL-Gründer Steve Case, mit dem belgischen Investor Baron Albert Frere und vielen anderen Wirtschaftsprominenten. Mit Unterstützung von Frere schmiedete Middelhoff innerhalb von fünf Jahren mit der RTL Group die führende europäische Radio- und TV- Holding, die heute der größte Umsatz- und Gewinnbringer der Bertelsmann AG geworden ist. Mit Steve Case baute Middelhoff AOL Europe auf und verkaufte es nach der Fusion mit Time Warner kurz vor dem jähen Ende der Internet-Euphorie für 13 Milliarden Mark. Einen Teil setzte er in den Umbau des Unternehmens, dem er 2001 ein Kostensenkungsprogramm verschrieb.

As er wegen unterschiedlicher Auffassung mit den Bertelsmann-Eigentümern über die Strategie und einen geplanten Börsengang im Juli 2002 das Unternehmen verließ, konnte er eine eindrucksvolle Bilanz aufmachen: Der Umsatz hatte sich in seiner Amtszeit fast verdoppelt, das Eigenkapital wurde von 1,6 Milliarden Euro auf 9,5 Milliarden Euro versechsfacht und das Unternehmen war, anders als seine Wettbewerber, fast schuldenfrei. (Hannes Bahrmann, dpa) / (jk)