Experte: Vorrat der letzten IPv4-Adressen könnte schon 2010 erschöpft sein

Noch gibt es 400 Millionen IPv4-Adressen, doch der Vorrat schwindet. Hochrechnungen zufolge geht er Anfang 2013 nur Neige. Experten warnen allerdings, das Ende der Fahnenstange könnte auch schon im kommenden Jahr erreicht werden.

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Von
  • Monika Ermert

Nur noch 26 große IPv4-Adressblöcke, also rund 400 Millionen Adressen, kann die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) den regionalen IP-Adressverwaltern (Regional Internet Registry, RIR) zuteilen. Nach der jüngsten Hochrechnung werde die letzten IPv4-Adressen Anfang Januar 2013 vergeben. Doch könnten die Adressvorräte auch bereits in einem Jahr erschöpft sein, warnte Geoff Huston, Chefwissenschaftler der asiatisch-paifischen Adressverwaltung APNIC, auf dem 59. Treffen der europäischen IP-Adressverwaltung Réseaux IP Européens (RIPE) in Lissabon.

Wenn zwei oder drei große Unternehmen bei den Adressverwaltern anklopfen und einen entsprechenden Bedarf geltend machen, seien die letzten Adressblöcke schneller weg, meint Huston. Das tatsächliche Ende von IPv4 sei extrem schwer zu kalkulieren, eben weil man mit einer Häufung solcher großen Anfragen rechnen müsse. Trotz solcher Unwägbarkeiten blieb der Anteil der neuen, längeren IPv6-Kennungen im weltweiten Adressraum auch 2008 noch unter einem Prozent.

Huston plädierte entschieden für ein Eingreifen der öffentlichen Hand. Der deregulierte Markt schaffe den Sprung zur Einführung von IPv6 ganz offensichtlich nicht, weil die Unternehmen nicht bereit seien, die notwendigen Investitionen zu tätigen. Im Falle eines solchen Marktversagens sei der Staat gefragt. "Man kann es mit Peitsche oder Zuckerbrot versuchen, man kann auf die Angst oder auf die Gier der Leute setzen", sagte Huston. Er plädiere eher, die "Gier" auszunutzen und etwa IPv6-fähige Hardware und Router bei den Endkunden steuerlich zu begünstigen.

Steuerliche Anreize hätten bei vergleichbaren Projekten wie der Einführung digitaler Signaturen wenig bewirkt, sagte Constanze Bürger von Bundesinnenministerium gegenüber heise online. Der Markt müsse für die Einführung auch bereit sein, erklärte Bürger, die in Lissabon über die Arbeiten an dem IPv6-fähigen deutschen Behördennetz berichtete.

Auch beim IPv6-Netz der Bundesregierung geht es nur sehr langsam voran. Viel Zeit nehmen insbesondere die Absprachen zwischen Innenministerium, Ländern und Kommunen in Anspruch. Letztere kümmern sich bislang selbst um ihre Netze und müssen von einem zentral verwalteten IPv6-Netz, für welches das Innenministerium Local Internet Registry (LIR) wäre, erst noch überzeugt werden. Mit gutem Beispiel für die Einführung von IPv6 will laut Bürger jetzt der CIO der Bundesregierung, Hans Bernhard Beus, vorangehen. Seine Webseite solle IPv6-fähig gemacht werden.

Mehr für die Einführung von IPv6 will auch die derzeit in Genf tagende International Telecommunication Union (ITU) tun, die Ambitionen hegt, sich als sechste IP-Adressverwaltungsstelle zu etablieren. Von Seiten der RIRs betrachtet man den Vorstoß der ITU und die Idee, dass jedes Land dann eigene Adresspools bekommen solle, mit Sorge. Durch die Zerstückelung des Adressraums könnten sich nicht zuletzt Probleme fürs Routing ergeben, warnen sie. (vbr)