Missing Link: Extreme Hitze fordert auch Rechenzentren

Extreme Hitzewellen in Indien belasten Rechenzentren: Temperaturen bis zu 50 Grad Celsius erhöhen Kühlkosten und Ausfallrisiken. Welche Lösungsansätze es gibt.

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Glühender Himmel, verdorrter Erdboden

Symbolbild

(Bild: Dmitry Rukhlenko / Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

In diesem Jahr gab es bereits in einigen Regionen der Erde extreme Hitzewellen, darunter auch in Indien, wo die Temperaturen an einigen Orten die Marke von 50 Grad Celsius erreichten. Dies könnte einiges an Auswirkungen nach sich ziehen. Insbesondere für Unternehmen, die auf ständige Verfügbarkeit von Rechenzentren und Servern angewiesen sind, für die IT an sich und für die Konsistenz der Dienste.

"Missing Link"

Was fehlt: In der rapiden Technikwelt häufig die Zeit, die vielen News und Hintergründe neu zu sortieren. Am Wochenende wollen wir sie uns nehmen, die Seitenwege abseits des Aktuellen verfolgen, andere Blickwinkel probieren und Zwischentöne hörbar machen.

"Server erzeugen viel Wärme und müssen ausreichend gekühlt werden, damit die Systeme auch bei hohen Temperaturen funktionieren", erklärt Irshad Saifi, Chief Digital Information Officer (CDIO) bei Shardul Amarchand Mangaldas. "Wenn dies nicht richtig gehandhabt wird, kann es zu Überhitzung und Geräteausfällen kommen." Infolgedessen steigen die Kühlungskosten während Hitzewellen stark an und wirken sich auf die Geschäftszahlen aus. So stieg beispielsweise während der Hitzewelle 2019 in Indien der Stromverbrauch für die Kühlung in Rechenzentren um 20 Prozent an, was zu deutlich höheren Betriebskosten führte.

"In Indien sind Regionen mit konstant hohen Temperaturen wie Rajasthan, Gujarat und die Hauptstadtregion Delhi mit größeren Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung optimaler Bedingungen in Rechenzentren konfrontiert", erklärt Saifi. "So wurden in der Hauptstadtregion Delhi im Sommer 2024 Temperaturen von über 50 Grad Celsius gemessen, was die Kühlsysteme stark belastete."

Bhoopendra Solanki, Chief Information Officer des Sakra World Hospital, erklärt: "Es gibt verschiedene Bereiche in Indien, wie Delhi NCR, die für ihr extremes Wetter bekannt sind, und Bangalore, das für sein angenehmes Wetter bekannt ist. Die Hitze verursacht definitiv Probleme in Bezug auf den höheren Stromverbrauch, um die Temperatur, Leistung, Zuverlässigkeit und Nachhaltigkeit aufrechtzuerhalten. Aber die Auswirkungen sind nicht überall so groß." "Der Großteil der indischen IT- und Rechenzentrumsbranche konzentriert sich auf Städte wie Bengaluru, Pune und Chennai", erklärt Shreya Vanja, Senior Consultant, Growth Advisory, Aranca. "Auch in Städten wie Jaipur, Ahmedabad, Indore und Nagpur werden aufgrund der geringeren Infrastrukturkosten zunehmend Investitionen in Rechenzentren getätigt. Eine extreme Hitzewelle stellt eine Herausforderung für die IT-Infrastruktur dar, insbesondere in den nördlichen und zentralen Regionen, die durch die lokale Strominfrastruktur belastet werden."

Die Auswirkungen sind zwar regional begrenzt, treten aber in vielerlei Form auf – von Ausfallzeiten über Kühlkosten bis hin zu Wartungsarbeiten. Bisher wurden keine hitzebedingten Brände oder Ausfälle in indischen Rechenzentren gemeldet. "Höhere globale Temperaturen werden bereits bei der Planung von Rechenzentren berücksichtigt. Eine weitere Folge der höheren Temperaturen ist, dass die Zeiten, in denen Rechenzentren 'kostenlose Kühlung' erhalten, begrenzt sind – die Zeiten, in denen es kühl genug ist, um keine Kühlsysteme betreiben zu müssen. Da diese Zeiten immer kürzer werden, steigt natürlich der Energieverbrauch und damit auch die Kosten", erklärt Luis Rodrigues, COO von Start Campus, das das SINES-DC-Projekt, einen 495-MW-Rechenzentrums-Campus in Portugal, entwickelt.

Saifi betont, dass überhitzte Systeme in einem Rechenzentrum zu unerwarteten Ausfallzeiten führen können, die den Geschäftsbetrieb stören und finanzielle Verluste verursachen: "Man könnte annehmen, dass sich die Wärme stärker auf die IT-Auslastung vor Ort auswirkt als auf die in der Cloud." Saifi versichert, dass Rechenzentren vor Ort besonders gefährdet sind, da sie oft nicht über die fortschrittlichen Kühltechnologien verfügen, die in großen Cloud-Rechenzentren zum Einsatz kommen. "Wenn sich Ihr Rechenzentrum in einem Gebäude befindet, sollte es sich im Zentrum des Gebäudes befinden, und keine Wand sollte direktem Sonnenlicht ausgesetzt sein", fügt Solanki hinzu.

Alan Farrimond, Vizepräsident für Rechenzentrumslösungen bei Wesco Anixter, erklärt, was die 50-Grad-Marke im IT-Jargon bedeutet. "Extreme Umgebungstemperaturen beeinträchtigen den Betrieb von Rechenzentren, insbesondere die extern aufgestellten Versorgungssysteme, die das Rechenzentrum rund um die Uhr betreiben. Darüber hinaus sind die in der Regel älteren HLK-Systeme bei Temperaturen über 50 Grad anfällig für Ausfälle." "Diese Systeme sind für eine bestimmte Hitzeschwelle ausgelegt, aber die Dinge können kompliziert werden, wenn sich die Luftfeuchtigkeit ändert und die Verdunstung beeinträchtigt wird", fügt Jay Dietrich, Forschungsleiter für Nachhaltigkeit beim Uptime Institute, hinzu.

Ausgewählte Lasten könnten in weniger heiße Zeiten verschoben werden, beispielsweise Reporting oder E-Mail-Kampagnen. Große Inhouse-Einrichtungen könnten sogar separate Server für weniger kritische Aufgaben haben und diese herunterfahren, wenn es zu heiß wird. Dies ist keine Option für kommerzielle Rechenzentren, die sich zu Service-Levels mit hoher Verfügbarkeit verpflichtet haben. Sie könnten jedoch Lastverschiebungen fördern, indem sie Rabatte zu weniger heißen Stunden anbieten, ähnlich den schwankenden Preisen, die einige Stromanbieter anbieten oder die in früheren Jahren bei Telekommunikationsunternehmen üblich waren. Bisher waren Rechenzentren jedoch nicht erpicht darauf, komplexere Tarife einzuführen.

"Investieren Sie in energieeffiziente Kühltechnologien wie Flüssigkeitskühlung oder fortschrittliche Klimaanlagen. Entscheiden Sie sich für Rechenzentren in kühleren Klimazonen oder Gebieten mit zuverlässiger Stromversorgung. Und warten Sie die Geräte regelmäßig, um Überhitzung zu vermeiden." Das ist Saifis Formel, die auch eine Strategie für die Notfallwiederherstellung und Cloud-Computing umfasst. Dietrich schlägt vor: "Man kann nicht-kritische Systeme herunterfahren. Und mehr Kühlkapazität kaufen. Es gibt einige gute Softwaretools zur Verwaltung der Arbeitslasten, aber wir sehen nicht viele Unternehmen, die sie nutzen. Man kann Probleme vorhersehen, anstatt nur auf sie zu reagieren."

Rodrigues ist der Meinung, dass die Nachrüstung bestehender Anlagen zur Anpassung an neue Technologien teuer, schwierig und zeitaufwändig ist. Daher müssen Rechenzentren von Anfang an auf Flexibilität ausgelegt sein. Vanja erläutert, wie Nxtra Data, die Rechenzentrumsabteilung von Bharti Airtel, erneuerbare Energien, energieeffiziente Upgrades und fortschrittliche Kühlmethoden wie Gang-Einhausungen und Wärmekammertests einsetzt, um die Kosten zu senken und den Betrieb bei steigenden Temperaturen aufrechtzuerhalten. "Ihre Rechenzentren sind mit verschiedenen Notfallplänen ausgestattet, um hohen Temperaturen standzuhalten, und ihre HLK-Systeme sind auf Umgebungsbedingungen von 48 bis 50 Grad ausgelegt."

Vereinfacht gesagt: Es gibt kein schlechtes Wetter – nur schlechte Kleidung. Das gilt auch für die IT.

(ds)