FTX-Gründer Bankman-Fried vor US-Gericht gestellt, mit Fußfessel entlassen

Es ist die höchste Kaution in der Geschichte New Yorks: 250 Millionen Dollar bringen SBF die Erlaubnis, bei seinen Eltern einzuziehen.

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Schwarz-Weiß-Porträt Samuel Bankman.Frieds

(Bild: FTX Foundation)

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Inhaltsverzeichnis

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried ist von den Bahamas an die Vereinigten Staaten ausgeliefert und in New York City einem Bundesgericht vorgeführt worden. Bankman-Fried ist dort achtfach angeklagt, wegen dreier Betrugskomplexe um das ihm gegründete Firmengeflecht FTX-Alameda-Research, sowie Verstoßes gegen US-Gesetze über transparente Wahlkampffinanzierung. Das Gericht genehmigte seinen Antrag auf Entlassung mit beschränkter Bewegungsfreiheit bis zum Strafprozess, überwacht durch eine elektronische Fußfessel.

Dafür muss Bankman-Fried (oft SBF genannt) Sicherheiten über 250 Millionen US-Dollar hinterlegen. Das übernehmen spezialisierte Versicherungen; die Prämie ist reguliert und darf maximal 15 Prozent betragen. Wie hoch sie genau ist und woher das Geld dafür stammt, ist nicht durchgesickert. Unter anderem haben die Eltern des Angeklagten ihr Haus in Palo Alto verpfändet, wie US-Medien berichten. Beide Elternteile sind Professoren an der juridischen Fakultät der Universität Stanford. SBF muss bei ihnen wohnen und darf sich nur in einem Teil Kaliforniens sowie in New York, wo ihm der Prozess gemacht werden wird, aufhalten.

Bankman-Fried ist Gründer der Kryptowährungsbörse FTX und des Kryptowährungs-Spekulationsfonds Alameda Research. Das mit vielen Milliarden Dollar bewertete Geflecht aus 135 Firmen ist Anfang November zusammengebrochen. Der Schaden geht in die Milliarden, die Aufarbeitung wird Jahre dauern.

250 Millionen Dollar dürfte die größte solche Sicherheit in der Geschichte New Yorks und die zweitgrößte in der Geschichte der Vereinigten Staaten sein. Eine nicht vorbestrafte Sexarbeiterin und Betreiberin zweier Freudenhäuser sollte 2005 in Ohio eine Milliarde Dollar Sicherheit aufbringen, was ihr nicht gelang. Sie musste ihren Prozess im Gefängnis erwarten.

Der des Mordes an seiner Nachbarin beschuldigte (aber später freigesprochene) Milliardär Robert Durst sollte 2003 ebenfalls eine Milliarde und dann sogar drei Milliarden Dollar Sicherheiten hinterlegen: Durst war zuvor vor dem Verfahren geflüchtet und wieder gefasst worden. Obwohl der Mann Immobilien in Milliardenwert besaß, konnte keine einschlägige Versicherung so viel Risiko übernehmen; ein Berufungsgericht erklärte die hohe Summe für rechtswidrig und reduzierte sie auf 450.000 Dollar. Durst wurde schließlich freigesprochen, später aber wegen Mordes an einer anderen Frau verurteilt. Er starb Anfang des Jahres in Haft.

SBF wurde am 12. Dezember auf den Bahamas in Auslieferungshaft genommen. Mit juristischen Manövern hätte er seine Auslieferung wohl jahrelang in die Länge ziehen können. Stattdessen machte der 30-jährige Amerikaner einen Deal mit der US-Anklage: SBF stimmte seiner Auslieferung zu, im Gegenzug stimmte die Bundesstaatsanwaltschaft der vorläufigen Fußfessel-Freiheit zu.

Erst als der Mann Mittwochabend tatsächlich im Flugzeug nach New York saß, gab die Staatsanwaltschaft einen bedeutsamen Erfolg bekannt: Die nach SBF wichtigsten FTX-Manager haben sich schuldig bekannt. Es handelt sich um Caroline Ellison, CEO Alameda Researchs, sowie um FTX-CTO Zixiao "Gary" Wang. Er hat gemeinsam mit Samuel Bankman-Fried Alameda Research und FTX gegründet. Beide kooperieren mit der Staatsanwaltschaft. Für die Verteidigung Bankman-Frieds ist das eine Hiobsbotschaft.

Darüber hinaus haben Ellison und Wang auch Teilvergleiche mit den US-Kapitalmarktbehörden SEC und CFTC geschlossen, die zivilrechtliche Klagen gegen alle drei Personen erhoben haben. Auch die dort eingestandenen Sachverhalten kann die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren gegen SBF einsetzen.

Hinter den Kulissen laufen offenbar Verhandlungen zwischen der Staatsanwaltschaft und weiteren, noch nicht öffentlich genannten Komplizen. Am ersten Dienstag im neuen Jahr soll sich SBF vor Gericht entweder schuldig oder nicht schuldig bekennen. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Bei öffentlichen Auftritten vor seiner Verhaftung hat er sich als unschuldig und in bestimmten Bereichen unwissend dargestellt. Angesichts der prominenten Kronzeugen aus dem innersten Zirkel des im November zusammengebrochenen Kryptowährungs-Geflechts FTX-Alameda-Research wäre es eine unorthodoxe Strategie, diese Argumentation unverändert fortzusetzen.

Ellison hat sich in sieben Anklagepunkten schuldig bekannt: doppelter Betrug unter Einsatz von Telekommunikationsmitteln, doppelte Verschwörung dazu, doppelte Verschwörung zu Anlagebetrug, sowie Verschwörung zu Geldwäsche. Wang hat sich in vier Anklagepunkten schuldig bekannt: Betrug unter Einsatz von Telekommunikationsmitteln, Verschwörung dazu, sowie doppelte Verschwörung zu Anlagebetrug.

Das Strafverfahren gegen die bislang drei Angeklagten ist am US-Bundesbezirksgericht für das südliche New York unter dem Az. 22-Cr-673 anhängig. Es heißt inzwischen USA v. Samuel Bankman-Fried, Caroline Ellison et Zixiao (Gary) Wang. Am selben Gericht anhängig sind zivilrechtliche Klagen der Commodity Futures Trading Commission (CFTC v. Samuel Bankman-Fried, FTX Trading Ltd. Alameda Research, Caroline Ellison et Zixiao (Gary) Wang, Az 22-cv-10503) sowie der Securities Exchange Commission (SEC v. Bankman-Fried, Az. 22-cv-10501, sowie SEC v. Caroline Ellision et Zixiao "Gary" Wang, Az. 22-cv-10794). Darüber hinaus laufen Klagen geschädigter FTX-Investoren und Krypto-Spekulanten bei diversen Gerichten.

(ds)