FTX-Kollaps: Schwere Vorwürfe gegen Bankman-Frieds Eltern​

Viele Millionen Dollar sollen Bankman-Frieds Eltern aus dem bankrotten Krypto-Geflecht FTX gesaugt haben. Der Konkursverwalter fordert Rückerstattung und mehr.​

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Brennende Euro-Scheine

(Bild: photoschmidt/Shutterstock.com)

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Schwere Vorwürfe gegen die Eltern Sam Bankman-Frieds (SBF) erhebt der US-amerikanische Konkursverwalter des FTX-Alameda-Konglomerats in einer Klage gegen SBFs Eltern, Allan Joseph Bankman und Barbara Fried. Bankman Sr. sei nicht bloß Zeuger des strafrechtlich angeklagten SBF, sondern habe seit Jahren Management-Funktionen ausgeübt und wichtige Entscheidungen beeinflusst oder getroffen. Dabei hätten er und seine Lebenspartnerin Fried viele Millionen US-Dollar aus dem Unternehmen gesaugt und sich auch persönlich bereichert. Alameda Research war erin Kryptowährungs-Spekulationsfonds, FTX eine Kryptobörse, beide mehrheitlich im Eigentum SBFs.

Bankman Sr. habe gewusst oder hätte zumindest wissen müssen, dass das Geld gar nicht FTX gehörte, sondern es sich um Kundeneinlagen handle, und FTX in Wahrheit seit Jahren zahlungsunfähig war. Als ein interner Whistleblower Alarm schlug und schwere Vorwürfe über Manipulation von Kryptowährungskursen, Geldwäsche und andere Rechtswidrigkeiten erhob, sei Bankman Sr. den Vorwürfen nicht nachgegangen. Stattdessen habe er sich darum bemüht, den Alarm im Keim zu ersticken. Überdies habe Bankman Sr., der ein ausgewiesener Steuerrechtsexperte ist, Konstrukte aufgesetzt, um FTX-"Vermögen" so ins Ausland zu verschieben, dass es für eine US-Konkursverwertung unerreichbar sei.

Anwälte der Beklagten bezeichnen die Vorwürfe als "komplett falsch"; die Klage sei erhoben worden, um die Verteidigung ihres Sohnes SBF in dessen Strafverfahren zu unterminieren. Fried und Bankman sind langjährige Professoren an der juridischen Fakultät der Eliteuniversität Standfort, Bankman ist außerdem klinischer Psychologe.

Auf mehr als 60 Seiten schildert der Konkursverwalter Szenen wie aus einer Seifenoper. Bankman Sr. hat demnach ab 2019 als einer von insgesamt sieben Managern die Geschicke von Alameda und FTX gelenkt, zunächst informell, ab 2021 als offiziell unbezahlter Anwalt. Ende 2021 stellte der Jurist seine Professorenstelle an der Universität demnach ruhend und heuerte offiziell bei FTX US an, dem US-Arm der Kryptowährungsbörse. Der Vertrag haben ein Jahresgehalt von 200.000 US-Dollar vorgesehen.

Das sei Bankman Sr. zu wenig gewesen; laut Klage beschwerte er sich bei seinem Sohn, woraufhin dieser seinem Vater und seiner Mutter zehn Millionen US-Dollar aus Kundenvermögen zukommen ließ. Offiziell nahm SBF dafür bei Alameda einen unbesicherten Kredit in Höhe von zehn Millionen Dollar auf – Kleingeld, im Vergleich zu den 250 Millionen Dollar, die er sich dort bereits ausgeborgt hatte. Die zehn Millionen wanderten laut Klage sofort zu seinen Eltern. Damit sollten Steuern auf die Auszahlung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden – den Zeitpunkt, zudem der Firmenchef SBF den Kredit dem Gläubiger SBF erlassen hätte. Die Idee des Steuerexperten Bankman Sr.: In dem Jahr sollte SBF besonders viel an Politiker spenden, um die Steuer überhaupt zu vermeiden.

Dem nicht genug, hätten Bankman Sr. und Fried zusätzlich noch eine Immobilie auf den Bahamas zum Gesamtpreis von über 18,9 Millionen US-Dollar gekauft – aus FTX-Kundeneinlagen. Die Immobilie wurde laut Klage den beiden Elternteilen entgeltfrei überlassen. FTX kaufte demnach sogar noch Inventar wie Möbel, Vasen und einen handgeknüpften Perserteppich zur Einrichtung und übernahm Grundsteuern, laufende Betriebskosten, Reinigung und so fort. Sogar die 15.000 US-Dollar Gebühren für ein Daueraufenthaltsvisum auf den Bahamas habe die Firma für SBFs Eltern bezahlt. Die Immobilie hat das Paar laut Angaben des Insolvenzverwalters der Bahamas inzwischen zurückgegeben, laut US-Insolvenzverwalter stehen SBFs Eltern aber weiterhin im Grundbuch.

Schließlich habe Bankman Sr. auch noch Aktienoptionen bekommen, luxuriöse Reisespesen abgerechnet und 5,5 Millionen Dollar aus FTX-Kundeneinlagen an die Stanford-Universität spenden lassen. Einem seiner ehemaligen Studenten habe er aus FTX-Kundengeldern eine Reise nach Frankreich bezahlt, samt Eintrittskarten für ein Formel-1-Rennen. Diese Person sei in der Folge als Anwalt für FTX tätig geworden.

Angesichts des ausgebrochenen Reichtums habe sich SBFs Mutter Fried offiziell zur Ruhe gesetzt; tatsächlich habe sie zwar nicht mehr als Professorin gearbeitet, aber ihr Unternehmen namens MTG geleitet. Es handelte sich um ein Political Action Committee; das ist eine Firma, die Spenden sammelt, um damit politische Kampagnen zu unterstützen. Frieds erklärtes Ziel sei gewesen, die Identität der Spender so weit irgend möglich zu verheimlichen.

Tatsächlich strömte Geld in großen Mengen herein – laut Klage wiederum von FTX-Kundeneinlagen. Demnach hat Fried für ihren Sohn entschieden, wie viel und was er wofür spendete. Teilweise sei SBF direkt als Spender aufgetreten, teilweise eine der FTX-Alameda-Firmen, teilweise Strohmänner, um die Herkunft der Spenden zu verschleiern. Mindestens ein Strohmann, ein anderer FTX-Manager, hat sich dazu bereits schuldig bekannt. FTX habe auch die laufenden Kosten der Fried-Firma übernommen.

Auch Bankman Seniors Schwester erhielt laut Klage einen FTX-Job, der mit 14.000 US-Dollar monatlich entlohnt wurde. Demnach leitete sie für FTX eine Wohltätigkeitskampagne in Florida und richtete einen Hackathon aus, der 2,3 Millionen Dollar gekostet habe und gefloppt sei. Gegen die Bankman-Schwester, SBFs Tante, erhebt die Klage keine juristischen Vorwürfe, stellt ihr Wirken aber als wenig erfolgreich dar. 1.200 Personen kamen demnach zu dem Hackathon in die 19.000 Personen fassende FTX-Arena – das Unternehmen hatte sich die Namensrechte für eine Basketballhalle in Miami gesichert und wollte dafür über 19 Jahre insgesamt 135 Millionen Dollar zahlen. Weil FTX nicht mehr zahlen kann, heißt das Stadion inzwischen anders.

Zu der gesamten Zeit des Wirkens von Bankman Sr. habe ihm klar sein müssen, dass FTX und Alameda in Wahrheit zahlungsunfähig waren, sagt die Klageschrift. Als das Ende absehbar war, habe Bankman Sr. erfolglos versucht, einen Verkauf an den Konkurrenten Binance einzufädeln. Am Tag vor dem Gäubigerschutzantrag habe er noch einen Termin beim Premierminister des Inselstaates gehabt.

Juristisch lauten die unbewiesenen Vorwürfe gegen Bankman Sr. und seine Lebenspartnerin Fried auf Beihilfe zur Untreue, ungerechtfertigte Bereicherung, insolvenzrechtlich betrügerische Vermögenstransfers, Betrug und ungerechtfertigte Ansprüche, sowie gegen Bankman Sr. alleine auf Untreue. Es handelt sich nicht um eine strafrechtliche Anklage. Gefordert werden Schadenersatz, Abschöpfung der Bereicherung, Rückgabe von Vermögenswerten, Ersatz von Aufwand, Rechnungslegung für die Nutzung der Luxusimmobilie auf den Bahamas, Strafschadenersatz, Zinsen und Ersatz der Verfahrenskosten.

Das Verfahren ist am US-Bundesinsolvenzgericht in Delaware anhängig und heißt Alameda Research et al v Allan Joseph Bankman et Barbara Fried. Es ist Teil des Gläubigerschutzverfahrenkomplexes In re: FTX Trading Ltd et al, Az. 22-11068.

(ds)