Facebook: EU-Abgeordneter klagt gegen Chatkontrolle mit Kinderporno-Scans

Patrick Breyer von der Piratenpartei hat eine Unterlassungsklage gegen Facebooks Mutterkonzern Meta wegen verdachtsloser Nachrichtendurchsuchung eingereicht.

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(Bild: dolphfyn/Shutterstock.com)

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Die Ausnahmeklausel im EU-Recht, wonach Facebook, Google, Microsoft und andere Diensteanbieter private Nachrichten ihrer Nutzer rechtmäßig etwa nach Darstellungen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger scannen dürfen, landet vor Gericht. Der EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) hat am Montag gegen diese sogenannte freiwillige Chatkontrolle eine Unterlassungsklage gegen die Facebook-Mutter Meta mit europäischem Sitz in Irland vor dem Amtsgericht Kiel eingereicht. Der Bürgerrechtler wendet sich als User des Facebook-Messengers gegen die "verdachtslose automatisierte Durchsuchung der privaten Chatverläufe und Fotos".

Das EU-Parlament hatte für das umstrittene Instrument im Juli per Eilverordnung Ausnahmen von der Anwendung einiger Bestimmungen der E-Privacy-Richtlinie eingeführt. Die EU-Kommission arbeitet seit Längerem mit Unterstützung des Ministerrats an einem Folgegesetz, um die Scans für alle einschlägigen Dienstleister verpflichtend zu machen. Am Mittwoch will sie dazu ihren Vorschlag präsentieren. Kritiker befürchten, dass damit die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei Diensten wie WhatsApp und Signal ausgehebelt wird.

"Dieser Big-Brother-Angriff auf unsere Handys, Privatnachrichten und Fotos mithilfe fehleranfälliger Algorithmen ist ein Riesenschritt in Richtung eines Überwachungsstaates nach chinesischem Vorbild", sagt Breyer. Er wolle der Zerstörung des digitalen Briefgeheimnisses nicht zusehen und schalte daher jetzt die Justiz ein. Während EU-Politiker einerseits behaupteten, die Bürger vor Big Tech zu schützen, beauftragten sie gleichzeitig dieselben Unternehmen damit, "unsere komplette Kommunikation zu durchleuchten", ergänzte sein Anwalt Ralph Wagner. Dass der Europäische Gerichtshof eine solche totale Überwachung schon des Öfteren untersagt hat, "wird einfach beiseite geschoben".

Der Verein Digitale Gesellschaft hat für Mittwoch zu einer Demonstration in Berlin gegen den Kommissionsplan aufgerufen. Der Chaos Computer Club (CCC) kritisierte die Chatkontrolle am Montag als "fundamental fehlgeleitete Technologie" und "nie dagewesenes Überwachungswerkzeug". Selbst der Deutsche Kinderschutzbund bezeichnete die im Raum stehende Pflicht als unverhältnismäßig. Der Großteil sexueller Missbrauchsdarstellungen werde direkt über Plattformen und Foren im Web geteilt. Laut Breyer braucht es "vor allem den Ausbau der personellen und technischen Ressourcen bei den Strafverfolgungsbehörden, mehr sichtbare Präsenz von Polizei im Netz, mehr staatliche Meldestellen sowie die Entkriminalisierung von der Verbreitung selbstgenerierten Materials unter Jugendlichen".

(mho)