Facebook geht VerschlĂĽsselung langsam an
Auf dem WebSummit erklärt Facebook-Manager Jay Sullivan die Pläne für einen standardmäßig und umfassend verschlüsselten Facebook Messenger.
Facebook will mehr verschlĂĽsseln, aber zumindest im Fall des Messenger wird es eher noch Jahre dauern, bis die Funktion ausgeweitet wird. Der Messenger beherrscht zwar schon seit 2016 VerschlĂĽsselung nach dem Prinzip von WhatsApp und Signal, aber der Nutzer muss die etwas versteckte Funktion explizit aktivieren und sie steht nur fĂĽr Unterhaltungen mit Einzelpersonen zur VerfĂĽgung.
Facebook sieht es als Experiment in einer frühen Phase, obwohl das Unternehmen über WhatsApp bereits viel Erfahrung mit verschlüsselter Kommunikation habe und grundsätzlich die Verschlüsselung ausweiten wolle. Zumindest für den Messenger will Facebook sich aber erst mit anderen Interessensgruppen austauschen, erklärte Jay Sullivan auf dem WebSummit in Lissabon. Als Beispiel für solche Interessensgruppen erwähnt der Product Director für Privatsphäre und Integrität wiederholt Strafverfolgungsbehörden.
Strafverfolger nicht glĂĽcklich
Strafverfolger sorgen sich auch hierzulande, dass erweiterte Verschlüsselung ihre Fähigkeiten zur Verbrechensbekämpfung unterminiert. Das seien laut Sullivan durchaus berechtigte Bedenken. Aktuell liefere der (unverschlüsselte) Messenger deutlich mehr Beweismaterial als WhatsApp, etwa in Fällen von Kindesmissbrauch. Auch übliche Maßnahmen zum Eindämmen von strafbarem Material, etwa das PhotoDNA-System, das die Verbreitung von illegalem Bildmaterial bekämpfen kann, funktioniere nicht bei Ende-zu-Ende-verschlüsselter Kommunikation.
Die Behörden würden daher grundsätzlich gerne weiter Zugriff auf die Nachrichteninhalte behalten. Das Problem sei, dass es keine technische Lösung gebe, die so einen Zugriff erlauben könnte und nicht anfällig für Missbrauch wäre, erläuterte Sullivan. Ein Ausweg ist die Funktion, dass Nutzer Nachrichten an Facebook melden können. Facebook sei der Meinung, dass Nutzer Rechte an bereits eingegangenen und lokal entschlüsselten Nachrichten hätten. Würde so eine Nachricht an Facebook gemeldet, könnte sie dem Konzern im Klartext zur Bewertung vorgelegt werden.
Metadatenanalyse als Lösung
Parallel dazu kann die Analyse von Metadaten und Verhaltensmustern ausgebaut werden, um illegale Kommunikation auch ohne Kenntnis des Inhalts einschränken zu können. Bei dieser Vorgehensweise würden etwa aus der Geschwindigkeit, mit der Gruppen neue Mitglieder aufnehmen oder der Breite, mit der Nachrichten weitergeleitet werden, Rückschlüsse auf die wahrscheinliche Art des Inhalts gezogen werden.
Die Verschlüsselung soll bei Facebook also explizit nicht über den Inhalt hinausgehen – anders als bei Messengern wie Signal, die versuchen auch die beim Anbieter anfallenden Metadaten immer weiter zu reduzieren. Solche kleineren Konkurrenten haben aber möglicherweise auch nicht so sehr Probleme, die sich aus der enormen Verbreitung von WhatsApp und des Facebook Messenger ergeben, etwa die lawinenartige Verbreitung von Fake News. Facebook habe gute erste Erfahrungen gemacht, auch Fake News über Metadaten- statt Inhaltsanalysen zu bekämpfen, versicherte Sullivan.
Genau darüber wolle Facebook sich jetzt mit Behörden austauschen, bevor die Verschlüsselung des Messengers auf Audiomaterial, Videos oder Gruppenchats ausgeweitet werde. Dabei gebe es zwar technische Hindernisse, aber die seien das kleinere Problem. Laut Sullivan werde sich dieser Austausch wahrscheinlich noch über ein paar Jahre hinziehen. (syt)