Faeser: Hin-und-her um staatliches ZurĂĽckhacken

Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien sagt Nein zu Hackbacks. Bundesinnenministerin Faeser weichte diese Ablehnung auf, macht nun aber einen RĂĽckzieher.

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Nancy Faeser

Bundesinnenministerin Nancy Faeser gibt durch unterschiedliche Stellungnahmen in puncto aktiver Cyberabwehr Rätsel auf.

(Bild: BMI)

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In ihrer jüngsten Äußerung orientiert sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zum Thema Hackbacks wieder an der ablehnenden Ampel-Linie. Das Handelsblatt vom heutigen Sonntag zitiert sie mit der Einschätzung, deutsches Zurückhacken "würde auch wenig Sinn machen, weil solche aggressiven Cyber-Gegenschläge neue Sicherheitsrisiken bergen können. Das wollen wir nicht."

Unabhängig davon müsse man über nicht näher genannte zusätzliche Maßnahmen nachdenken – mit dem Ziel, andauernde Attacken zu beenden und neue zu verhindern. Nach wie vor bringe der Ukrainekrieg eine "hohe Gefahr" russischer IT-Angriffe mit sich.

Die aktive Cyberabwehr durch deutsche Behörden ist und bleibt ein heißes Streitthema. Angesichts der Gefahr russischer Hackerangriffe im Zuge des Ukrainekriegs hat Faeser in den letzten Wochen mit unterschiedlichen Statements zu Notwendigkeit, Voraussetzungen und Berechtigung staatlicher Hackbacks einige Verwirrung gestiftet. Erst Mitte März hatte sie in einem "Spiegel"-Interview gefordert, einen neuen Ansatz für Hackbacks zu diskutieren: Politik und Gesellschaft müssten angesichts von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine "Fragen unserer Sicherheit nicht ideologisch, sondern realistisch betrachten".

Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärte sie, man wolle "die Abwehr stärken und dabei den Bund in eine führende Rolle bringen". Sie sprach sich dafür aus, Bundesbehörden gesetzlich die notwendigen Befugnisse einzuräumen, denn bei komplexen Gefahren durch Cyberattacken könnten die bislang ausschließlich zuständigen Landesbehörden nicht hinreichend effektiv dagegenhalten. Sie kündigte an, noch 2022 einen Vorschlag für eine Gesetzesinitiative zu machen, die dann im Parlament nur mit einer Zweidrittelmehrheit Erfolg haben würde. Dafür wolle sie auch schnell mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sprechen.

Es war Faesers Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU), der im Sommer des vergangenen Jahres einen politischen Vorstoß zur aktiven Cyberabwehr durch Sicherheitsbehörden des Bundes unternahm. Bei staats- oder infrastrukturgefährdenden Hackeraktivitäten aus dem Ausland sollte der Bundesnachrichtendienst (BND) mit geeigneter Software gegen Akteure vorgehen, Server angreifen und illegal gespeicherte Daten zerstören, bevor sie in falsche Hände gerieten.

Ex-Bundesinnenminister Horst Seehofer scheiterte 2021 mit seinem Vorstoß, Bundesbehörden die Befugnis zum Zurückhacken zu verschaffen. Seine Amtsnachfolgerin Faeser hat sein Anliegen wieder aufgegriffen.

(Bild: photocosmos1/Shutterstock.com)

Bundesbehörden sollten nach Seehofers Vorstellungen die Netzwerke krimineller oder fremdstaatlicher Hackergruppen gezielt bekämpfen. Bereits damals war klar, dass die dafür nötigen Rechtsinstrumente Änderungen am Grundgesetz erfordert hätten. Zudem hätte eine parlamentarische Kontrolle für eine aktive Cyberabwehr, bei der etwa das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) selbst Botnetze auf sicherheitsgefährdende Server loslassen dürfte, erst einmal geschaffen werden müssen. Diese Probleme stellen sich auch nach dem inzwischen erfolgten Regierungswechsel noch ebenso.

Ob die Innenministerin ihren neuen Schlenker in Sachen aktiver Cyberabwehr aufgrund von Druck durch andere Akteure im Regierungslager vollzieht, lässt sich nur spekulieren. Möglicherweise möchte sie sich auch nicht dem Vorwurf aussetzen, das Scheitern einer erneuten Diskussion zu provozieren, solange die Voraussetzungen für einen Erfolg einer Gesetzesinitiative noch nicht bestehen.

(psz)