Festgefahrene Fronten zwischen Oracle und SAP
Im Prozess um Industriespionage wurden am Montag die Schlussplädoyers gehalten. Oracle fordert mindestens 1,7 Milliarden US-Dollar Schadenersatz, SAP würde maximal 40 Millionen US-Dollar zahlen.
Acht US-Geschworene werden entscheiden müssen, ob der größte europäische Softwarehersteller SAP seinem Wettbewerber Oracle einen Milliarden-Schadenersatz oder nur einige Millionen Dollar zahlen muss. Auch auf der Zielgeraden bleiben die Fronten in dem Datenklau-Prozess um die ehemalige SAP-Tochterfirma TomorrowNow verhärtet wie zu Beginn. Oracle forderte im Schlussplädoyer am Montag einen Schadenersatz von mindestens 1,7 Milliarden Dollar, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg aus dem Gericht im kalifornischen Oakland berichtete. SAP beharrte auf der Einschätzung, dass maximal 40 Millionen Dollar angemessen seien.
In dem Prozess geht es um die von SAP 2005 gekaufte Software-Wartungsfirma TomorrowNow. Mitarbeiter des Unternehmens hatten über das Internet unrechtmäßig Updates bei Oracle heruntergeladen. Oracle-Anwalt David Boise betonte vor den Geschworenen nochmals, Millionen Dokumente seien so aggressiv abgegriffen worden, dass die Oracle-Server in die Knie gegangen seien.
Das Geschäftsmodell von TomorrowNow war, günstige Wartung für Unternehmenssoftware anzubieten. Oracle hatte die Software-Hersteller, deren Produkte TomorrowNow betreute, nacheinander aufgekauft. SAP wollte die Wartungsfirma danach als Türöffner nutzen, um Oracle-Kunden abzuwerben. Nach Darstellung der Deutschen war dieser Plan jedoch nur von mäßigem Erfolg gekrönt: Nur 86 von 358 TomorrowNow-Kunden hätten SAP-Software erworben.
SAP hatte bereits das Fehlverhalten der TomorrowNow-Mitarbeiter zugegeben, in dem Prozess geht es jetzt nur noch um die Schadenssumme. Der deutsche Weltmarktführer bei Unternehmenssoftware argumentiert, der tatsächliche Schaden für Oracle sei deutlich niedriger gewesen als der von dem US-Konkurrenten genannte Wert der Service-Produkte. So kommt SAP auf die Spanne zwischen 28 und 41 Millionen Dollar und Oracle auf 1,7 bis 3 Milliarden Dollar. Im Prozess wurde zum Teil auch ein Betrag über 4 Milliarden Dollar genannt. SAP hatte TomorrowNow 2008 dichtgemacht.
Oracle hatte im Verlauf des Verfahrens vergeblich versucht, den früheren SAP-Chef und heutigen Lenker des Konkurrenten Hewlett-Packard, Léo Apotheker, in den Zeugenstand zu bringen. Der US-Konzern gab an, er habe ihn nicht finden können, um ihm eine Vorladung zu überreichen. Am Montagnachmittag nahm der seit November amtierende Apotheker an seiner ersten Telefonkonferenz zu HP-Quartalszahlen teil. Nach eigenen Angaben sprach er dabei aus dem Hewlett-Packard-Hauptquartier im kalifornischen Palo Alto. (anw)