Filmzensur am PC
Der Markt für bearbeitete Filmversionen in den USA ist groß. Deshalb treten nun mehrere Firmen an, die das mühsame Zerschnippeln von Videobändern durch eine technisch ausgereiftere Methode ersetzen: Mit der Filmzensur von DVDs am Computer.
Sauber sollen die Filme sein, so sauber, dass auch kleine Kinder zuschauen können, ohne verdorben zu werden. Mit diesem Konzept macht in den USA zur Zeit das Unternehmen CleanFlicks Schlagzeilen -- dort wird mit kruden Methoden Zensur ausgeübt, denn aus den Videobändern von Hollywood-Hits schneidet man Anstößiges einfach heraus. Der Markt für solche bearbeiteten Versionen ist groß, und deshalb treten nun mehrere Firmen an, die das mühsame Zerschnippeln von Videobändern mit einer technisch ausgereifteren Methode ersetzen: Mit der Filmzensur von DVDs am Computer.
In zwei ultrakonservativen Bundesstaaten sind die führenden Firmen dieses Booms ansässig: In Colorado und im Nachbarstaat Utah, in dessen Hauptstadt Salt Lake City die Kirche der Heiligen der letzten Tage ihre Heimat hat. Tiefgläubige Mormonen schätzen zwar durchaus unterhaltende Filme, aber zu erotisch und gewalttätig soll es in ihnen nicht zugehen. CleanFlicks entdeckte diese Marktlücke zuerst. Und während sich das Unternehmen aus Utah nun juristische Gefechte mit Hollywoods Regisseuren liefert, die über die nachträgliche kommerzielle Bearbeitung ihrer Werke empört sind, verkauft ein kleines Softwareunternehmen in Salt Lake City sein Zensur-Programm namens MovieMask.
Der MovieMask-Hersteller Trilogy Studios ist zwar kein kirchliches Unternehmen, aber im Vorstand sitzen einflussreiche Film- und Fernsehpersönlichkeiten, die alle der Mormonenkirche nahe stehen. Zu ihnen gehört die in den USA überaus beliebte Fernsehschauspielerin Mary Osmond, außerdem der Oscar-Gewinner Kieth Merrill, ein Regisseur, der eigentlich mit Dokumentarfilmen bekannt wurde, aber unlängst auch ein Bibelepos abdrehte. Zu den Trilogy Studios-Investoren gehört auch der TV-Moderator Larry King, der in dritter Ehe mit einer Mormonin verheiratet ist.
MovieMask sorgt dafür, dass anstößige Szenen entschärft oder ganz übersprungen werden. Das Programm läuft im Hintergrund, während der PC die DVD abspielt, in deren Handlungsverlauf die Software eingreift. Von jedem der derzeit knapp 500 Streifen, für die MovieMask vorbereitet wurde, gibt es dann eine Neufassung. In Titanic verschwinden die nackten Brüste von Kate Winslet unter einem digitalen Korsett. Tom Hanks Flüche in Der Soldat James Ryan bleiben unhörbar. In dem Mantel-und-Degen-Drama The Princess Bride verwandeln sich Stahlklingen in kindgerechte Lichtsäbel.
Ähnlich geht es bei der Software ClearPlay zu. Dort sind auch, wie bei MovieMask, viele Filme im Angebot, in denen brutalste Gewalt ein zentrales Handlungselement ist: Vom Bruce Willis-Ballerstreifen Die Hard über den Kriegsfilm Black Hawk Down bis hin zu Clint Eastwoods Racheorgie Dirty Harry. Aber selbst die erheblich veränderten Versionen solcher Filme "behalten ihren Unterhaltungswert", versprechen die Softwarefirmen.
Nutzer von MovieMask und ClearPlay müssen derzeit noch selber tüfteln, wenn sie ihre bearbeiteten Filme nicht nur auf dem PC- Bildschirm, sondern auch auf einem Fernsehschirm anschauen wollen. Eine Komplettlösung bietet das Konkurrenzprogramm MovieShield. Die angebotene Software bearbeitet ähnlich wie MovieMask und ClearPlay einen festgelegten Katalog von populären Filmen. Dazu kommt bei MovieShield noch ein Adapter, der die Bearbeitungsdaten drahtlos vom PC auf den externen DVD-Spieler und ein Fernsehgerät überträgt.
MovieShield ist nicht nur technisch ausgereifter, man geht auch bei der Offenlegung der eigenen Zensurmaßstäbe weiter als die Konkurrenz. Nach acht Kategorien wird gesäubert. Der Missbrauch des Namens Gottes steht an erster Stelle, dazu kommen Kategorien wie Obszönitäten, Nacktaufnahmen und Gewaltdarstellungen. MovieShield bietet auch eine präzise Aufschlüsselung von Filmen nach diesen Kategorien an. Fluchchampion ist mit 177 Fundstellen der Oscar-Gewinner Good Will Hunting. Mel Gibson ist der Hauptdarsteller in gleich mehreren bedenklichen Filmen. Besonders häufig sind laut MovieShield die Gotteslästerungen im Krimi Kopfgeld, und sehr blutig geht es in The Patriot zu. (Tilman Streif, dpa) / (anw)