Frankreich will Europas Zentrum für KI werden: 500 Millionen Euro für KI-Cluster

Auf der Tech-Konferenz VivaTech macht Frankreich den Vorstoß, das Zentrum für künstliche Intelligenz in Europa zu werden, setzt zugleich aber auf Regulierung.

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(Bild: Tatoh/Shutterstock.com)

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Von
  • Andreas Knobloch
  • Silke Hahn
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Frankreich will sich als Europas Drehscheibe für künstliche Intelligenz positionieren. Entsprechende Verlautbarungen machte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der vergangenen Woche gegenüber dem US-Nachrichtensender CNBC. "Ich denke, dass wir in Kontinentaleuropa die Nummer eins [bei KI] sind, und wir müssen das beschleunigen", sagte Macron.

Gemeinsam mit Finanzminister Bruno Le Maire und dem Minister für Digitales, Jean-Noel Barrot, nahm Macron an der jährlichen französischen Technologiekonferenz VivaTech teil. Die Konferenz, die dieses Jahr ganz im Zeichen von KI stand, versammelt von Start-ups über etablierte Technologiefirmen bis hin zu Unternehmen aus so unterschiedlichen Branchen wie Kosmetik und Banken.

Die drei Politiker bekräftigten die Unterstützung der Regierung für Frankreichs Technologieoffensive. "Wir werden wie verrückt in Ausbildung und Forschung investieren", sagte Macron gegenüber CNBC. Frankreich sei aufgrund seines Zugangs zu Talenten und Start-ups, die sich rund um die Technologie bilden, im Bereich der KI gut positioniert.

Insbesondere die mit 500 Millionen Euro ausgestattete Maßnahme "IA-Cluster" (IA steht auf Französisch für AI/ KI) solle nationale Spitzenausbildungs- und Forschungszentren konsolidieren und ihnen das Format von europäischen und internationalen Marktführern verleihen. Laut einer nur auf Französisch vorliegenden Pressemitteilung zu diesem Vorhaben sei das Ziel, die Zahl der Spezialisten für künstliche Intelligenz in Frankreich bis 2030 "massiv zu erhöhen".

Das "IA-Cluster"-Programm zielt darauf ab, fünf bis zehn Universitäten und Schulen "als europäische und weltweite Spitzenreiter" im Bereich der künstlichen Intelligenz hervorzubringen. Sie werden von einer internationalen Jury ausgewählt und erhalten Förderung, um Frankreich mit einer Gesamtinvestition von 500 Millionen Euro "in der Spitzengruppe des weltweiten Ökosystems für Hochschulbildung und Forschung zu positionieren".

Frankreich erhofft sich von diesem nationalen Programm, weltweit Talente, Studenten und Forscher im KI-Bereich anzuziehen und die Verbreitung der KI-Nutzung zu beschleunigen. Der Aufruf wurde von den französischen Ministern für Wirtschaft, Finanzen, industrielle und digitale Souveränität, Hochschulwesen und Forschung, dem Generalsekretariat für Investitionen und der Nationalen Forschungsagentur am 16. Juni 2023 gemeinsam veröffentlicht.

Der Erfolg von ChatGPT der Microsoft-Tochter OpenAI hat einen Hype um KI ausgelöst. Tech-Konzerne wie Alphabet oder Meta haben mittlerweile eigene KI-Anwendungen auf den Markt gebracht. Aber nicht nur Unternehmen, auch Länder versuchen, im Wettbewerb um KI vorn dabei zu sein, da die Technologie als revolutionär und daher von strategischer Bedeutung für Regierungen auf der ganzen Welt angesehen wird.

Während die USA als führend im Bereich der KI gelten, hofft Frankreich, aufholen zu können. "Glauben Sie mir, es ist klar, dass die USA die Nummer eins sind, und das aus gutem Grund, denn es ist ein riesiger Binnenmarkt… Ich möchte, dass wir die Lücke ganz klar schließen und viel mehr investieren, viel mehr entwickeln und viel mehr beschleunigen", sagte Macron. Paris will dabei Berlin und London die Führungsrolle in Europa streitig machen. Der britische Premierminister Rishi Sunak hat sich erst in der vergangenen Woche dafür ausgesprochen, dass Großbritannien ein globales KI-Zentrum werden soll.

Anders als die USA mit Microsoft, das in OpenAI investiert hat, oder dem Chiphersteller Nvidia, hat Frankreich keine KI-Giganten, will aber laut Macron zwei oder drei "große Global Player" in dieser Technologie schaffen. Das Land setzt auf seine Start-ups, um schnell zu wachsen. So sammelte das vier Wochen alte französische Start-up Mistral AI laut CNBC in einer Finanzierungsrunde 105 Millionen Euro ein. Eine Reihe weiterer lokaler Start-ups präsentierte sich auf der VivaTech.

Bei seinen Bestrebungen, ein Zentrum für künstliche Intelligenz zu werden, setzt Frankreich auch auf die Regulierung dieser Technologie. Das EU-Parlament hat in der vergangenen Woche seine Linie für eine Verordnung zur Regulierung von KI abgesteckt und sich dabei für ein weitgehendes Verbot biometrischer Massenüberwachung im öffentlichen Raum ausgesprochen. Für diese Position im Einklang mit der Empfehlung der federführenden Ausschüsse stimmte eine große Mehrheit der Abgeordneten. KI soll künftig demokratischen Spielregeln folgen, die Grundrechte der Bürger wahren und dem Allgemeinwohl dienen.

Die Digitalbranche reagierte zurückhaltend auf die Position der EU-Abgeordneten für eine KI-Verordnung. Bürgerrechtler dagegen begrüßen die geplanten roten Linien. Frankreich gilt in der Regel als Befürworter einer strengen Regulierung im Technologiebereich – es hat sich jedoch gegen Teile der europäischen KI-Verorsnung gewandt, die sich auf generative KI beziehen, die Art von Technologie, die OpenAIs ChatGPT zugrunde liegt. Paris hält diese für zu streng. "Meine Sorge ist, dass das EU-Parlament in den letzten Wochen eine sehr strenge Haltung zur KI-Regulierung eingenommen hat und in gewissem Sinne dieses KI-Gesetz als einen Weg benutzt, um zu viele Probleme auf einmal zu lösen", sagte Frankreichs Digitalminister Barrot.

Frankreich wünscht sich eine globale Regelung zur KI, die es über die G7-Gruppe sowie über die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erreichen will. "Meiner Meinung nach ... brauchen wir eine Regelung, und alle Akteure, sogar die US-Akteure, stimmen dem zu. Ich denke, wir brauchen eine globale Regelung", sagte Macron.

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Absätze zur 500-Millionen-Euro-Förderung für ein "IA-Cluster" ergänzt. (sih)

(akn)