Freispruch für Wahlcomputer in Florida

Eine Untersuchung zu verschwundenen Wählerstimmen in Florida abgeschlossen: Laut offiziellem Bericht gibt es keine Anzeichen, dass bei den Kongresswahlen 2006 fehlerhafte Wahlcomputer in Sarasota 18.000 abgegebene Stimmen falsch erfasst haben.

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Von
  • Richard Sietmann

Einem vom US-Bundesrechnungshof, dem General Accounting Office (GAO), jetzt vorgelegten Untersuchungsbericht zufolge gibt es keine Anzeichen dafür, dass bei den Kongresswahlen 2006 fehlerhafte Touchscreen-Wahlcomputer in Sarasota (Florida) Wählerstimmen falsch erfasst haben könnten. Nach dem amtlichen Endergebnis hatte seinerzeit der Republikaner Vern Buchanan das Rennen um den Sitz für Floridas Wahlkreis 13 im Repräsentantenhaus in Washington gegen die Demokratin Christine Jennings mit dem hauchdünnen Vorsprung von 369 der insgesamt 237.861 abgegebenen Stimmen gewonnen. Doch seltsamerweise war es in einer der fünf Kommunen des Wahlkreises an den iVotronic-Wahlmaschinen des Herstellers Election Systems & Software (ES&S) zu einem massiven Auftreten unvollständig abgegebener Stimmen gekommen: Im Sarasota County hatten sich 18.412 Wähler bei dem Rennen zwischen Jennings und Buchanan scheinbar gezielt der Stimme enthalten, obwohl sie gleichzeitig in der Abstimmung über die Senatsvertretung, den Posten des Gouverneurs und sogar zum Krankenhausbeirat für ihre Kandidaten votierten.

Der Anteil von 13 Prozent dieser "Undervoting" genannten Enthaltungen war etwa zehnmal so hoch wie in den gleichzeitig durchgeführten Abstimmungen, und er lag auch deutlich über der Quote von 2 bis 5 Prozent in den angrenzenden Gemeinden. Das rätselhafte "Verschwinden" von Wählerstimmen führte in Florida zu einem drastischen Vertrauensverlust in die papierlose elektronische Stimmerfassung, in dessen Folge der Anfang 2007 als Nachfolger von George Bushs Bruder Jeb Bush neu ins Amt gekommene Gouverneur Charlie Crist einen Politikwechsel vollzog und sich für die inzwischen beschlossene Rückkehr zu Papierstimmzetteln mit optischen Scannern zur Auszählung stark machte.

Für das von der unterlegenen Demokratin angestrengte Wahlprüfungsverfahren setzte der Geschäftsordnungsausschuss des US-Repräsentantenhauses eine Untersuchungskommission ein, die wiederum das General Accounting Office mit der Sachaufklärung beauftragte. In ihrem Abschlussbericht (PDF-Datei) kommen die GAO-Prüfer zu dem Ergebnis, dass an iVotronic-Geräten keine Auffälligkeiten festzustellen waren.

Sie hätten sich an einer statistisch repräsentativen Stichprobe von 115 der 1.499 in Sarasota County eingesetzten Maschinen zunächst eine nach eigenen Angaben "hinreichende Gewissheit" verschafft, dass die Firmware der iVotronics mit dem bei Floridas Wahlkommission hinterlegten Quellcode übereinstimmte, indem sie einem Rebuild der Firmware aus dem Quellcode in der Entwicklungsabteilung "beiwohnten". An zehn Maschinen seien dann Testabstimmungen durchgeführt worden, bei denen keine Fehlanzeigen oder Fehlerfassungen aufgetreten seien. In zusätzlichen Tests mit absichtlichen Fehlkalibrierungen der LCD-Anzeige wären sie auch der Vermutung nachgegangen, dass die Koordinaten der berührungsempfindlichen Schicht auf den Touchscreens von denen des darunter angezeigten Soft Keys abweichen könnte: Die fehlerhafte Kalibrierung des Displays würde zwar die Handhabung der Eingabe erschweren, dennoch sei die Auswahl des Wählers exakt so wie auf dem Bildschirm angezeigt erfasst worden.

Der Rechnungshof hält die durchgeführten Tests für angemessen und ausreichend. Den statistischen Ausreißer in Sarasota kann er zwar nicht erklären, auf die Touchscreen-Wahlmaschinen sei er jedoch mit "großer Sicherheit" nicht zurückzuführen. Stattdessen verweist der Bericht vage auf die Möglichkeit, dass sich Wähler absichtlich der Wahl zwischen Buchanan und Jennings enthalten oder auch ihre Stimme nicht richtig abgegeben haben könnten – "möglicherweise aufgrund von Problemen in der Interaktion von Wählern mit dem Stimmzettel".

Aufgrund des GAO-Berichtes beschloss die von dem demokratischen Abgeordneten Charles Gonzales aus Texas geleitete Untersuchungskommission einstimmig, die Ablehnung der Wahlprüfungsbeschwerde zu empfehlen. Beobachter rechnen damit, dass nun der Geschäftsordnungsausschuss und anschließend das Repräsentantenhaus der Empfehlung folgen und den Fall offiziell für erledigt erklären werden. (Richard Sietmann) / (anw)