Frischzellenkur für die Programmiersprache COBOL: Neuer FOSS-Compiler gcobol

Als Frontend für die GNU Compiler Collection nutzt gcobol GCC, um native Binary Executables zu erzeugen.

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Frischzellenkur für die Programmiersprache COBOL: Neuer FOSS-Compiler gcobol

(Bild: Piyaset/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Matthias Parbel

Für die bereits rund 63 Jahre alte Programmiersprache COBOL existieren eine Reihe von Compilern. Nun gesellt sich mit gcobol ein weiterer hinzu, der nach den FOSS-Definitionen für Freie Software und Open-Source-Software vollständig quelloffen und kostenlos für jedermann verfügbar ist, wie James K. Lowden aus dem Entwicklerteam hinter dem neuen Compiler in seiner Ankündigung betont.

Das im Oktober 2021 gestartete Projekt knüpft an frühere Versuche an, einen GCC-Compiler für COBOL zu bauen, setzt sich aber auch bewusst von etablierten wie GnuCOBOL ab. Während gcobol als Fork der GNU Compiler Collection (GCC) angelegt ist, und ein Frontend für COBOL implementiert, das GCC nutzt, um native Binary Executables zu erzeugen, fungiert GnuCOBOL primär als Übersetzer, der zunächst COBOL in C-Code kompiliert.

Als Motivation für die Arbeit an einem weiteren freien COBOL-Compiler führt Lowden in der Ankündigung zwei wesentliche Gründe an: zum einen sei COBOL trotz ihres hohen Alters nach wie vor eine wichtige Programmiersprache und ein Compiler wie gcobol eine entscheidende Komponente bei der Migration von Mainframeapplikationen auf verteilte Plattformen (distributed systems) wie Linux. Insbesondere in Transaktionsverarbeitungssystemen im Finanz- und Versicherungswesen – beispielsweise auch in Geldautomaten – komme COBOL noch immer häufig zum Einsatz.

Diese Einschätzung stützen unter anderem auch Studien wie die von Vanson Bourne im Auftrag des Visual COBOL-Anbieters Micro Focus 2020 durchgeführte Erhebung, nach der Unternehmen ihre COBOL-Anwendungen eher modernisieren, als sie auszutauschen, da die Programmiersprache überwiegend als risikoarm und effektiv angesehen wird. Mit dem Ziel, Mainframe- und Cloud-Computing zusammenzuführen, hatte auch IBM noch im vergangenen Jahr mit "COBOL for Linux on x86 1.1" eine Runtime und einen Compiler auf den Weg gebracht, die COBOL-Anwendungen auf die x86-Rechnerarchitektur unter Linux überführen sollen.

Während allerdings die Zahl der COBOL-Expertinnen und Experten kontinuierlich schrumpft, können sich jüngere Softwareentwicklerinnen und -entwickler nicht so recht für COBOL begeistern: Im vergangenen Herbst veröffentlichten "2021 Stack Overflow Developer Survey" führte COBOL neben VBA und Matlab die Riege der drei unbeliebtesten Programmiersprachen an.

Das gcobol-Team lässt sich davon offenbar aber nicht abschrecken und bemüht sich darum, den Compiler zur Produktionsreife weiterzuentwickeln und um neue Funktionen zu ergänzen. So habe gcobol inzwischen erfolgreich über 100 der aus Michael Coughlins "Beginning COBOL for Programmers" bekannten Beispiele kompiliert. ISAM- und Objekt-orientierte COBOL-Features will das Team in den nächsten Wochen implementieren. Im nächsten Schritt soll dann die Testsuite NIST COBOL folgen. Weitergehende Informationen zum Projekt finden sich auf GitLab und im Blogbeitrag von James K. Lowden.

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