Führungsstil und Motivation: Wenn der Roboter der Boss ist

Roboter sollen tun, was der Mensch will. Aber was passiert, wenn der Roboter in einem Team den Hut aufhat und den Menschen sagt, was sie zu tun haben?

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Eigentlich ist EMYS im Kinderzimmer der Boss und lehrt Kindern Sprachen, bei einem Experiment leitete er ein menschliches Team zum Turmbau an.

(Bild: EMYS)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Die engere Zusammenarbeit von Mensch und Roboter ist ein derzeit viel diskutiertes Thema. Zumeist erscheinen die Roboter dabei als Assistenten, die den menschlichen Arbeitskräften benötigte Werkzeuge reichen oder beim Bewegen schwerer Gegenstände unterstützen. Aber wie wäre es, wenn der Roboter gar nicht selber mit anpackt, sondern als Teamleiter den Menschen sagt, was zu tun ist? Das hat jetzt ein portugiesisches Forschungsteam untersucht.

Sara L. Lopes (University Institute of Lisbon) stellte die Studie bei der Robotik-Konferenz RO-MAN (International Conference on Robot and Human Interactive Communication) vor. Es sei eine der ersten Untersuchungen überhaupt, die sich mit unterschiedlichen Führungsstilen von Robotern in menschlichen Teams beschäftigten, betonen die Forscher in ihrem Paper. Dabei unterscheiden sie transaktionale und transformative Führung: Letztere setzt auf die intrinsische Motivation der Mitarbeiter, berücksichtigt deren individuelle Besonderheiten, versucht, sie zu inspirieren und intellektuell zu stimulieren. Der transaktionale Führungsstil ist dagegen sachlicher ausgerichtet und arbeitet mit klaren Zielvorgaben sowie mit Strafen und Belohnungen, je nachdem ob die Vorgaben verfehlt oder erreicht werden.

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Ein Experiment mit 108 Teilnehmern, die in 36 Dreiergruppen aufgeteilt wurden, sollte klären, wie sich diese Führungsstile auf den Teamerfolg auswirken, wenn sie von einem Roboter vertreten werden. Als Teamleiter agierte dabei der Roboter EMYS, der sprechen und den Kopf bewegen kann sowie über eine minimale Mimik verfügt. Die Aufgabe des Teams bestand darin, innerhalb von 18 Minuten aus 20 Spaghetti-Nudeln und Knetmasse einen möglichst hohen Turm mit einem Marshmallow an der Spitze zu bauen – ein Spiel, das als Marshmallow Challenge bekannt ist und gern zum Teambuilding eingesetzt wird.

Die verschiedenen Führungsstile des Roboters kamen dabei vorrangig in seinen verbalen Äußerungen zum Ausdruck. So stellte sich etwa der transformationale Teamleiter mit den Worten vor: "Ich werde euch unterstützen und Ideen beisteuern, damit wir gemeinsam den höchsten Turm bauen." Der transaktionale Chef dagegen sagte: "Ich werde dafür sorgen, dass ihr das Ziel erreicht, den höchsten Turm zu bauen."

Lopes und ihre Forschungskollegen vermuteten, dass Teams mit einem transaktional agierenden Roboter besser abschneiden würden, weil dieser Führungsstil eher dem Charakter der Maschine entspräche. Die Einsatzfreude der menschlichen Teammitglieder, so die Erwartung, wäre dagegen höher bei einem transformationalen Teamleiter. Beide Hypothesen wurden durch das Experiment bestätigt. Die Annahmen, dass der transaktionale Stil Unklarheiten bei Rollenerwartungen begünstige, während der transformationale Stil das Vertrauen in den Roboter erhöhe, wurden zwar ebenfalls gestützt. Die Unterschiede waren jedoch nicht statistisch signifikant.

Es seien natürlich weitere Studien erforderlich, betonen die Forscher in ihrem Paper. Insbesondere sollten die Effekte von Robotern als Teamleitern bei komplexeren Aufgaben wie auch bei langfristiger Zusammenarbeit untersucht werden. Alles in allem aber meinen sie: "Die Zukunft der roboterbasierten Führung in den kommenden Jahren ist vielversprechend, sodass die bevorstehenden technologischen Entwicklungen genutzt werden können, um effektivere Arbeitsumgebungen zu schaffen."

(olb)