Führungswechsel bei Telefonica - Konzernchef Villalonga tritt zurück

Telefonica, einer der größten Telefonkonzerne der Welt und Marktführer in den spanisch- und portugiesischsprachigen Ländern, bekommt nach einer Aktienaffäre einen neuen Chef.

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  • dpa

Der Präsident des spanischen Telekom-Konzerns Telefonica, Juan Villalonga, hat knapp zwei Monate nach der Aufdeckung einer Aktienaffäre seinen Rücktritt erklärt. Der Verwaltungsrat des größten spanischen Unternehmens ernannte noch am Mittwochabend den Finanzexperten Cesar Alierta zu dessen Nachfolger. Der neue Telefonica-Chef war bisher Co-Präsident des spanisch- französischen Tabakkonzerns Altadis gewesen.

Villalonga ist der bekannteste Unternehmer Spaniens und eine der schillerndsten Figuren in der Geschäftswelt des Landes. Der zuletzt heftig umstrittene 47-jährige Konzernchef zog mit dem Rücktritt die Konsequenz aus den Vorwürfen, wonach er in ein unzulässiges Insidergeschäft verwickelt gewesen sein soll. Nach Presseberichten soll er mit den Großaktionären vereinbart haben, dass er für die freiwillige Niederlegung seines Amtes eine Entschädigung in einer Größenordnung von fünf Milliarden Peseten (60 Millionen Mark) erhält.

Villalonga hatte seit vier Jahren an der Spitze des Unternehmens gestanden. Er war in die Kritik geraten, als die Zeitung El Mundo im Juni enthüllte, dass er 1998 bei einem privaten Aktiengeschäft von Insiderinformationen profitiert haben soll. Die Börsenaufsicht leitete eine Untersuchung ein. Die Großaktionäre des Telefonkonzerns – die Bank BBVA und die Sparkasse La Caixa – hatten zunächst das Ergebnis der Ermittlungen abwarten wollen. Sie entschlossen sich nun doch zum Handeln, da die Aktienkurse des Konzerns wegen der Ungewissheit starken Schwankungen unterlagen. Auch am Mittwoch erlebte die Telefonica-Aktie ein starkes Auf und Ab. Sie verzeichnete zeitweise Kursgewinne bis drei Prozent, notierte aber bei Börsenschluss nur 0,81 Prozent höher als am Vorabend.

Ministerpräsident Jose Maria Aznar hatte 1996 seinen Schulfreund Villalonga zum Präsidenten des staatlichen Telefonmonopols ernannt. Telefonica wurde mittlerweile völlig privatisiert und stieg unter Villalonga zu einem bedeutenden internationalen Telekom-Unternehmen auf, das in Lateinamerika Marktführer ist.

Der als impulsiv und entschlussfreudig geltende Telefonica-Chef scheiterte aber mit seinem Vorhaben, den Konzern mit der niederländischen KPN zu fusionieren. Zudem überwarf er sich mit Aznar. Der Nachfolger Alierta gilt – im Gegensatz zu Villalonga – als ein eher zurückhaltend und fast schüchtern. Er steht dem spanischen Wirtschaftsminister und Vizepremier Rodrigo Rato nahe. Alierta erhält bei Telefonica nach Presseberichten nicht die gleiche Machtfülle, wie Villalonga sie besessen hatte.

Telefonica ist nach eigenen Angaben Branchenführer in der spanisch- und portugiesischsprachigen Welt. Weltweit arbeiten mehr als 100.000 Menschen für den Konzern. Mit 60 Millionen Kunden gehört er zu den größten Telekom-Anbietern der Welt. In den vergangenen Jahren stieg Telefonica zunehmend in die Bereiche Internet (etwa mit der Fusion der Internet-Tochter Terra mit Lycos) und Medien (beispielsweise durch den Kauf von Endemol) ein und erwarb Anteile an Zeitungen und privaten Radio- und Fernsehsendern. (dpa) (jk)