MIT: Muskelstimulation mit Licht soll Gelähmten Gliedmaßenkontrolle ermöglichen

Das MIT hat eine optogenetische Methode entwickelt, mit der Muskeln durch Licht stimuliert werden können. Dies funktioniert allerdings vorerst nur bei Mäusen.

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Ein Mitarbeiter des MIT hält einen optischen Muskelstimulator in der Hand.

(Bild: MIT)

Lesezeit: 4 Min.

Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben eine Möglichkeit gefunden, um mit Licht Muskelkontraktionen auszulösen. Die Technik soll es ermöglichen, dass gelähmte Menschen damit teilweise wieder in die Lage versetzt werden, kontrolliert ihre Gliedmaßen zu bewegen. Im Gegensatz zur Stimulation mit elektrischem Strom soll diese Technik zu einer langsameren Muskelermüdung führen und eine bessere Kontrolle ermöglichen.

Die Studie "Closed-loop optogenetic neuromodulation enables high-fidelity fatigue-resistant muscle control", die in Science Robotics erschienen ist, führten die MIT-Forscher anhand von Mäusen durch, deren Muskeln sie mittels einer optogenetischen Technik stimulierten.

"Es hat sich gezeigt, dass man mithilfe von Licht, durch Optogenetik, die Muskeln natürlicher kontrollieren kann. In Bezug auf die klinische Anwendung könnte diese Art von Schnittstelle einen sehr großen Nutzen haben", sagt Hugh Herr, Professor für Medienkunst und -wissenschaften, Co-Direktor des K. Lisa Yang Center for Bionics am MIT und assoziiertes Mitglied des McGovern Institute for Brain Research am MIT.

Die Methode der Optogenetik könne derzeit nicht am Menschen durchgeführt werden. Sie beruht auf einer gentechnischen Herstellung von Zellen, die lichtempfindliche Proteine exprimieren. Die Wissenschaftler können die Zellaktivität dann mit Licht steuern. Die Wissenschaftler arbeiten jedoch bereits an einer sicheren Methode, lichtempfindliche Proteine in den Menschen einzubringen.

Gelungen ist das teilweise bei Mäusen. Die Forscher wendeten auf sie ein elektrostimulierendes Verfahren (Functional Electrical Stimulation – FES) sowie die Optogenetik an, um herauszufinden, durch welche der beiden Methoden mehr Muskelkraft mit weniger Ermüdung erzeugt werden kann. Den Mäusen mussten dazu Elektroden implantiert werden. Die optogenetischen Mäuse wurden dagegen gentechnisch so verändert, dass sie das lichtempfindliche Protein Channelrhodopsin-2 exprimieren. Statt Elektroden wurde eine kleine Lichtquelle in der Nähe des Scheinbeinnervs der Mäuse implantiert, um die Muskeln des Unterschenkels ansteuern zu können.

Die MIT-Wissenschaftler maßen die Muskelkraft, während der Lichtstimulation und fanden heraus, dass die Kraftentfaltung gleichmäßig zunehmend erfolgte. Dies steht im Gegensatz zu der FES-Methode. Bei ihr sorgt die Reizung durch Strom zu einer plötzlichen, stärkeren Kontraktion, was nur eine ungenaue Ansteuerung der Muskeln zulässt.

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"Wenn wir die optische Stimulation, die wir dem Nerv zuführen, verändern, können wir die Kraft des Muskels proportional, fast linear, steuern. Dies ist vergleichbar mit der Art und Weise, wie die Signale unseres Gehirns unsere Muskeln steuern. Aus diesem Grund ist es einfacher, den Muskel zu kontrollieren als bei der elektrischen Stimulation", sagt der MIT-Absolvent Guillermo Herrera-Arc.

Um die Muskeln mit dem optogenetischen Verfahren später genau ansteuern zu können, entwickelten die Wissenschaftler ein mathematisches Modell, um mit dessen Hilfe einen geschlossenen Regelkreis zu erstellen. Sie entwickelten ein Steuergerät, das es ermöglicht, die Kraft nach einer Lichtstimulation über einen Sensor zu messen. Die Information nutzen die Forscher dazu, um zu ermitteln, inwieweit die Lichtstimulation angepasst werden muss, um eine gewünschte Kraft zu erzielen. Die Wissenschaftler fanden bei ihren Experimenten heraus, dass die Muskeln der Mäuse etwa eine Stunde lang stimuliert werden konnten, bevor Ermüdungserscheinungen auftraten. Bei der FES-Stimulationen traten die Ermüdungserscheinungen bereits nach 15 Minuten auf.

So gut das System auch zu sein scheint, so einfach lässt es sich nicht von Mäusen auf den Menschen übertragen. Bisher ist noch unklar, wie sich lichtempfindliche Proteine in menschliches Gewebe sicher einbringen lassen. Auch bei den Mäusen lief nicht alles glatt. Die Proteine können etwa eine Immunreaktion auslösen, sodass sie inaktiviert werden. Das kann zu Muskelschwund und Zelltod führen.

Die MIT-Wissenschaftler setzen darauf, auf alle noch ungeklärten Fragen eine Antwort zu finden. Dann wollen sie mit der optogenetischen Lichtstimulation durch Schlaganfall, Amputation von Gliedmaßen oder Rückenmarksverletzungen beeinträchtige Menschen dabei helfen, ihre Gliedmaßen zu kontrollieren.

(olb)