GM setzt auf Magnesium im Karosseriebau

Magnesium ist korrosionsempfindlich und lässt sich nur sehr schwer umformen. GM hat neue Verfahren entwickelt, um dennoch viele Bauteile im Auto von Stahl auf Magnesium umzustellen. Erstes Serienteil ist die Innenversteifung eines Kofferraumdeckels

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Von
  • Gernot Goppelt

Detroit, 26. Oktober 2012 – Magnesium ist ein sehr leichter Werkstoff, der auch aufgrund seines guten Dämpfungsverhaltens einige Verbreitung im Motorenbau gefunden hat. Im Karosseriebau ist es aus mehreren Gründen weniger gängig. Zwar ist es nochmals um rund ein Drittel leichter als Aluminium, doch eine hohe Korrosionsneigung und seine schlechte Kaltumformbarkeit haben eine weite Verbreitung in Karosserien bisher verhindert. Das ist eigentlich schade, denn die Festigkeit des Materials und seine sehr hohe Verfügbarkeit machen Magnesium zu einem interessanten Werkstoff für den Leichtbau.

GMs erstes warmumgeformtes Magnesiumbauteil wird die Innenversteifung eines Kofferraumdeckels sein.

(Bild: General Motors)

General Motors entwickelt deswegen ein Warmumformverfahren in Verbindung mit einem neuen Verfahren zur Korrosionsvorbeugung. So soll es möglich werden, diverse Karosserieteile aus Magnesiumblechen zu fertigen. Magnesium wiegt 33 Prozent weniger als Aluminium, 60 Prozent weniger als Titan und 75 Prozent weniger als Stahl. Somit ließen sich deutliche Gewichtsersparnisse an Stellen erreichen, wo bestimmte Eigenschaften von Stahl nicht unbedingt erforderlich sind. Vereinzelt kann Magnesium sogar Kunststoffe ersetzen, wie sich zum Beispiel bei ThyssenKrupp nachlesen lässt, weil es sich in sehr geringen Wandstärken verarbeiten lässt.

GM formt das Magnesium bei Temperaturen von etwa 450 °C um. Bei dieser Temperatur lassen sich die Bleche gut verformen und man erhält formstabile und steife Bauteile. Das erste Serienprodukt wird wohl die Innenversteifung eines Kofferraumdeckels sein – es ist bereits produktionsreif. GM sagt aber nicht, in welches Fahrzeug es verbaut werden soll. Die US-Zeitschrift Automobile tippt auf den neuen Pickup Chevrolet Silverado, weil GM gerade bei größeren Autos unter dem Druck steht, das Gewicht zu vermindern, um Sprit zu sparen. Das Teil soll immerhin ein Kilogramm weniger wiegen als sein Pendant aus Aluminium. Ein Kilogramm ist zwar nicht viel – die United States Automotive Materials Partnership schätzt aber, dass bis 2020 pro Auto 350 Pfund Magnesium 500 Pfund Stahl und 130 Pfund Aluminium ersetzen können, was einer Gewichtsersparnis von 15 Prozent und einer Spritersparnis von 9 bis 12 Prozent entsprechen würde.

ThyssenKrupp hat übrigens sehr schön zusammengestellt, welche Bauteile im Auto sich aus Magnesiumblech fertigen lassen. Das Unternehmen nennt Dachquerträger (A- und B-Säule), Instrumententräger, Sitzschale, Abdeckung Hutablage, Rückwand, Bodenblech Laderaum, Bodenblech Tank, Hauptboden unten, Tunnel mitte, Schachtverstärkung und dekorative Bauteile wie Blenden. Und das Unternehmen nennt noch weitere Vorteile: So lasse sich Magnesium selbst im lackierten Zustand zu 100 Prozent wiederverwerten und biete eine edel anmutende Oberfläche, was es – dann vermutlich klar lackiert – auch für verschiedene Interieur-Anwendungen interessant macht.

Schon beim 3-Liter-Lupo wurde Magnesium verarbeitet – unter anderem als Druckgussteil an der Innenseite der Heckklappe, welche aus Aluminium gefertigt wurde.

(Bild: VW)

GM will sowohl für das Fertigungsverfahren als auch für den Korrosionsschutz neue Verfahren gefunden haben (an industry-first thermal-forming process and proprietary corrosion resistance treatment). Der US-Autohersteller ist aber nicht das erste Unternehmen, das Magnesium für die Karosserie verarbeitet. VW verwendete Magnesium bereits beim 3L-Lupo, zum Beispiel in der Heckklappe. Sie besteht aus einem Magnesiumdruckguss-Innenteil und einem Außenteil aus Aluminium – woran zu sehen ist, dass die Verarbeitung von Magnesiumblechen noch nicht weit genug war.

Eines galt aber auch schon beim Lupo: Eine der größten Herausforderungen ist der Korrosionsschutz. VW löste dies durch eine Beizbehandlung, eine Chromatierung, eine kathodische Tauchlackierung und schließlich eine Pulverlackschicht. Ein Problem bleibt dennoch: Wenn ein noch so guter Korrosionsschutz eines Magnesiumbauteils beschädigt wird, droht heftige Korrosion. Deswegen wird das Material wohl weiterhin nur für innenliegende Anwendungen eingesetzt werden und für Hybridbauteile, bei denen außen Stahl oder Aluminium zum Einsatz kommt. (ggo)