Unabhängig voneinander: Forschungsprojekte finden Gravitationswellen-Hintergrund
Dank der hochpräzisen Signale von Pulsaren haben mehrere Projekte den Gravitationswellen-Hintergrund nachgewiesen. Der öffnet einen neuen Blick aufs Universum.
Forschungsteams in aller Welt haben mit gewissermaßen "galaxiegroßen" Observatorien unabhängig voneinander die bislang überzeugendsten Hinweise auf einen sogenannten kosmischen Hintergrund aus Gravitationswellen gefunden. Das haben die am Europäischen Pulsar-Timing-Array (EPTA) beteiligten Max-Planck-Institute für Radioastronomie und Gravitationsphysik jetzt parallel zusammen mit anderen Institutionen publik gemacht. Damit eröffnet sich ein komplett neuer Zugang zur Erforschung des Universums, ordnen sie die Bedeutung der Ergebnisse ein. Die Gravitationswellen bei extrem niedrigen Frequenzen im Nanohertz-Bereich dürften demnach auf Paare extrem massereiche Schwarzer Löcher zurückgehen, die sich im Zentrum verschmelzender Galaxien befinden.
Winzige Verzerrungen der Raumzeit nachgewiesen
Gefunden wurden die Signale von insgesamt vier Forschungsprojekten, außer dem europäischen noch einem aus China (CPTA), aus Indien (InPTA) und einem aus Nordamerika (NANOGRav). Teilweise wurden dabei Daten ausgewertet, die über mehr als 20 Jahre gesammelt wurden, im Fall des EPTA umfassen die Messungen 25 Jahre. Jeweils werden die extrem regelmäßigen Signale sogenannter Pulsare vermessen, um anhand winziger Abweichungen minimale Dehnungen und Stauchungen in der Raumzeit aufzuspüren. Die jetzt vorgestellten Funde entsprechen den Erwartungen von Astrophysikern und Astrophysikerinnen, das Ergebnis erfüllt aber noch nicht den Goldstandard der Physik, schränkt das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) ein.
Für ihre Analyse nutzen die Projekte die mit Abstand größten Observatorien, über die wir verfügen. Die untersuchten Pulsare befinden sich überall in der Milchstraße, sie senden mit der Präzision von Atomuhren regelmäßige Pulse von Radiowellen aus. Aufgrund unzähliger und sich längst überlagernder Gravitationswellen kommen die Signale dieser galaktischen Leuchttürme teilweise verzerrt an und verraten diesen Gravitationswellen-Hintergrund. Aufspürbar sind mit diesen "galaxiegroßen" Observatorien Gravitationswellen, die nur einmal alle paar Jahrzehnte schwingen und auf Systeme sich umkreisender Schwarzer Löcher zurückgehen, die für eine Umkreisung bis zu 50 Jahre brauchen, erklärt Yajun Gou vom MPIfR.
Während die verschiedenen Kollaborationen für ihre Arbeit jeweils unterschiedliche Pulsare beobachten, werden die Daten demnach auch gebündelt. Zusammen ergeben sich Daten von 13 Radioteleskopen zu mehr als 100 Pulsaren, zu denen es jeweils mindestens 1000 Messdaten gibt. Ziel ist ein nicht zu widerlegender Beweis für den Gravitationswellen-Hintergrund bei Nanohertz-Frequenzen. Daran beteiligt ist auch das riesige Radioteleskop Effelsberg im Kreis Euskirchen. Durch die Zusammenführung der Daten sollen noch mögliche andere Gründe für die beobachteten Verschiebungen bei den Signalen ausgeschlossen werden.
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Die jetzt parallel in mehreren Forschungsartikeln vorgestellten Funde sind der nächste Meilenstein für die noch recht junge Gravitationswellen-Astronomie. Bislang wurden die von Albert Einsteins Relativitätstheorie vorhergesagten Deformationen der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten, vor allem mit den Detektoren LIGO, Virgo und Kagra gefunden. Dabei handelt es sich aber um hochfrequente Signale, die etwa auf Kollisionen von Schwarzen Löchern zurückgehen. Mit beiden Ansätzen lassen sich nun "dunkle" Objekte im Weltraum untersuchen. Zusammen mit den klassischeren Bereichen der Astronomie begründet die neue Herangehensweise die Ära der Multi-Messenger-Astronomie, für die der jetzt vorgestellte Fund der nächste große Erfolg ist.
(mho)