Games-Strategie: Deutschland soll globaler Leitmarkt für Computerspiele werden

Bundesminister Andreas Scheuer will Deutschland als internationalen Entwicklerstandort für Games etablieren und sagt "toxischen Communities" den Kampf an.

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(Bild: khoamartin/Shutterstock.com)

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Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) will Deutschland zum Leitmarkt für Computerspiele weltweit machen. Die Bundesrepublik sei global mit einem Umsatz von 8,5 Milliarden Euro bereits einer der wichtigsten Absatzmärkte für Videospiele, erklärte Ressortchef Andreas Scheuer am Mittwoch bei der Präsentation der Games-Strategie des BMVI in Berlin. Als Entwicklerstandort sei Deutschland aber bislang "weniger relevant". Dies soll sich mit dem vorgelegten Programm für langfristige politische Rahmenbedingungen für die Wachstumsbranche ändern.

Von den großen Entwicklerstudios komme nur eines aus Deutschland, legte Scheuer dar. Nur fünf Prozent der hiesigen Umsätze erwirtschafteten deutsche Unternehmen. Dem will der CSU-Politiker nun ein "koordiniertes Standortmarketing" entgegensetzen, wofür Formate wie die Kölner Messe Gamescom und der seit 2009 vergebene Deutsche Computerspielpreis gezielter genutzt werden sollten.

"Wir wollen mehr internationale Firmen dazu bringen, sich in Deutschland niederzulassen", betonte Scheuer. Gleichzeitig werde die Marktentwicklung gestützt. Vor allem mittelständische Firmen und Start-ups sollten so gefördert werden, "dass sie sich zu großen Unternehmen entwickeln können". Parallel werde die Politik auch die Rahmenbedingungen die für wenigen großen hiesigen Games-Konzerne hierzulande attraktiv machen. Ein Fokus soll dabei darauf liegen, internationale Fachkräfte zu gewinnen. Ferner gelte es, Förderaktivitäten zwischen Bund und Ländern sowie der EU enger abzustimmen.

Scheuer will zudem stärker Innovationen durch Games fördern und so dem Silicon Valley Paroli bieten. Die Menschen in der Branche seien in der Regel international vernetzt, hätten eine hohe Medienkompetenz und seien Vorbilder als "digitale Frontrunner", führte der Minister aus. Simulation, 3D und Virtual Reality (VR) seien von dem Sektor so weiterentwickelt worden, dass sie auch in anderen Bereich routinemäßig eingesetzt werden könnten. Es solle daher darum gehen, durch finanzielle Förderung von Verbundprojekten aus Wissenschaft und Wirtschaft sowie die Bildung von thematischen Clustern übergreifende Netzwerke zu etablieren und "dauerhaft hochqualifiziertes Personal" heranzuführen.

Ein weiterer Schwerpunkt der gut 30 Seiten langen Strategie liegt darauf, die Potenziale von Computerspielen für die Gesellschaft stärker zu nutzen. Games haben laut Scheuer eine "ganze Bandbreite positiver Eigenschaften". Dies habe sich etwa während der Corona-Pandemie gezeigt, wo Spiele "Menschen verbunden" hätten. Inklusion und Teilhabe seien bei Games "oft wichtiger als Weltanschauung". Wichtig sei es nun, die auf Aufklärung und Motivation bedachte Kategorie "Serious Games" als wirksames Hilfsmittel in allen Bildungsbereichen anzuerkennen und den Dialog zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit von E-Sport-Vereinen zu intensivieren.

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Ein Anliegen des Ministers ist es hier auch, eine breite gesellschaftliche Anerkennung und Vertrauen für Gamer und die Branche zu schaffen. Risiken durchs Spielen müsse begegnet werden, meinte der Christsoziale. Personenbezogene Daten müssten sicher, die Spieler vor diskriminierendem Verhalten geschützt werden. Zugleich unterstrich Scheuer: "Toxische Communities haben im Gaming keinen Platz."

Mit einem großen neuen Finanztopf ist die Strategie nicht verknüpft. Die Computerspiele-Förderung des Bundes betrage jährlich bereits 50 Millionen Euro seit 2019, stellte der Ressortleiter klar. Aktuell seien nach Anlaufschwierigkeiten darüber rund 190 Projekte in der Umsetzung, und etwa 110 wie die vor Ort präsentierte Smart-City-Simulation Skillpolis oder das Startup Holoride zur Synchronisierung von VR und der Fortbewegung in einem Auto bereits abgeschlossen. "Wir verfügen über ausreichend Mittel", meinte Scheuer. Nötig seien nun vor allem zusätzliche strategische Impulse.

Kosten für Marketing und PR für Games lassen sich auch mit dem neuen Ansatz nicht direkt fördern. Ein solcher Schritt sei im Zuteilungsrecht jenseits der finanziellen Unterstützung von Messeauftritten eigentlich ausgeschlossen, hieß es aus dem neu geschaffenen Games-Referat des BMVI. Zuschüsse seien aber denkbar, wenn Werbemaßnahmen für die Entwicklung eines Spiels und das gesamte Projekt als wichtig herausgestellt würden.

Für Scheuer sind Games nach eigenen Angaben "das spannendste Medium dieser Zeit", deren Potenzial "noch lange nicht ausgeschöpft" sei. Digitalstaatsministerin Dorothee Bär bezeichnete die Strategie als "einzigartiges Signal auch der gesamten Bundesregierung". Die deutsche Branche brauche sich im internationalen Umfeld nicht zu verstecken, solle sich darin aber künftig noch besser behaupten können. Das anerkannte Kulturgut Computerspiele solle insgesamt vorangebracht werden. Der Missbrauchsbeauftragte der Regierung, Johannes-Wilhelm Rörig, wollte die Förderung für die Games-Industrie dagegen unlängst noch ausgesetzt wissen, da diese den Kinderschutz blockiere.

Die schwarz-rote Koalition hatte sich bereits Anfang 2018 vorgenommen, das kulturelle, wirtschaftliche und innovative Potenzial von Computer- und Videospielen für Gesellschaft und Wirtschaft mit einem Games-Fonds sowie einem Programm für E-Sport zu nutzen. Bisher schaffte sie es nicht, all diese Ziele zu verwirklichen. Der Branchenverband Game begrüßte die Strategie nun als "wichtigen Meilenstein". Das BMVI würdige damit "die große Bedeutung der Games-Branche für den Wirtschafts- und Digitalstandort Deutschland". Es sei nun Aufgabe der kommenden Bundesregierung, die Initiative zu konkretisieren und konsequent umzusetzen, "damit der deutsche Games-Standort nachhaltig wachsen und zur Weltspitze aufschließen kann".

(bme)