Gaskrise: SPD-Vorsitzende stellen Gasumlage stark in Frage

Diese Woche könnte die von der Bundesregierung eigentlich für den 1. Oktober geplante Gasumlage kippen. Nun wird nach eienr Alternative gesucht.

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Erdgasspeicher Etzel bei Wilhelmshaven.

(Bild: Uniper)

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Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil sehen das Aus für die Gasumlage kommen. "Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen", sagte Esken am Sonntagabend in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Ihr Co-Chef Lars Klingbeil ergänzte im ZDF: "Ich glaube, Politik muss die Kraft haben, Fehler zu korrigieren." Ein Verzicht sei angesichts der hohen Gaspreise ein richtiges Signal an Verbraucher und Unternehmen. Er sehe jetzt den Bundeswirtschaftsminister am Zug: "Robert Habeck ist der zuständige Minister, der muss am Ende den Vorschlag machen, wie es mit der Gasumlage weitergeht."

Klingbeil rechnete am Sonntag im ZDF damit, dass das Thema in der neuen Woche entschieden wird. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir in der nächsten Woche eine finale Entscheidung zur Gasumlage bekommen werden", sagte er in der Sendung Berlin direkt.

Esken bezeichnete in der ARD das Problem der Gaspreise als eine Daueraufgabe, die bestehe, solange der hohe Preis existiert. Das Energiesicherungsgesetz zeige zwei Wege vor, damit umzugehen: steuerfinanziert oder über eine Umlage. "Ganz offenkundig würde diese Umlage ja die Preise erhöhen, was angesichts der Höhe der Preise, angesichts des Bedarfs eines Gaspreisdeckels ziemlich unsinnig erscheint, da hat Christian Lindner vollkommen Recht." Aber wenn das Problem über die Steuern gelöst werden solle, dann müsse Bundesfinanzminister Lindner dafür auch ein Konzept vorlegen. Die Schuldenbremse und die Ausnahme von ihr stünden in der Verfassung. Es gehe nicht darum, die Schuldenbremse zu kippen, sondern nur um die Ausnahme.

Welcher finanzielle Weg beschritten werden kann, wenn die Gasumlage wegfällt, ist noch unklar. Die Grünen hatten eine Ersatzfinanzierung aus Steuermitteln vorgeschlagen, notfalls mithilfe eines Sondervermögens wie bei der Bundeswehr. Lindner hatte bereits betont, die Schuldenbremse einhalten zu wollen. Auch die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang hat Lindner aufgefordert, einen Alternativvorschlag vorzulegen. Dieser sagte am Sonntagabend in der Fernsehsendung "Anne Will", er habe eine Idee zur Finanzierung solch einer Bremse – diese wolle er aber nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten, sondern erst mit den Koalitionspartnern von SPD und Grünen beraten.

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht in der Gasumlage nicht das richtige Instrument zur Bekämpfung der gestiegenen Energiepreise. Die Gasumlage sei "nicht das Mittel der Wahl", sagte Mützenich im ARD-Morgenmagazin. Es stellten sich auch verfassungsrechtliche Bedenken. Eine vom Koalitionsausschuss eingesetzte Kommission solle nun bis Ende Oktober Klarheit schaffen.

Mützenich verwies darauf, dass die Umlage zum 1. Oktober wirksam werden soll, aber erst zum 31. Oktober fällig werde. Daher gebe es jetzt die Möglichkeit zur Abwägung, wie die anfallenden Kosten zur Dämpfung der Preise getragen werden. Vorstellbar sei neben einem Nachtragshaushalt auch die Einrichtung eines Sondervermögens. Darüber müsse insbesondere mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gesprochen werden. "Er muss sich nicht über rechtliche Fragen Gedanken machen, sondern um die Finanzen", sagte Mützenich.

Bundeskanzler Olaf Scholz, der von einer Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und nach Katar mit einem Flüssiggas-Abkommen mit den VAE zurückgekommen ist, stellte baldige Vorschläge in Aussicht, wie die Gaspreise gedämpft werden könnten. Es gehe jetzt darum, "wie wir die viel zu hohen Preise reduzieren können, und zwar sowohl diejenigen für Strom als auch diejenigen für Gas", sagte der SPD-Politiker am Sonntag am Rande seines Besuchs in Katar.

Die Umlage von rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde sollen eigentlich ab Oktober alle Gaskunden zahlen. Ziel ist es, mit dem Geld die Importeure zu stützen. Insgesamt geht es nach Schätzungen um über 30 Milliarden Euro. Die Importeure leiden unter dem Lieferstopp für russisches Gas und müssen Ersatz kurzfristig und teuer am Markt beschaffen, können die Mehrkosten aber in laufenden Verträgen nicht sofort an die Kunden weitergeben.

(anw)