Gebührenkampf: Diskussion über die Zukunft des ORF in Österreich
In Österreich wird über die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen ORF diskutiert, den sich die rechte FPÖ als Zielscheibe ausgesucht hat.
Der öffentlich-rechtliche Österreichische Rundfunk (ORF) ist in Österreich schon lange Ziel von Attacken der rechten FPÖ. Der Koalitionspartner der konservativen ÖVP fordert das Aus der Gebührenfinanzierung für den Sender und droht missliebigen Journalisten schon mal mit Entlassung. Auf Einladung des konservativen Medienministers Gernot Blümel (ÖVP) diskutieren nun Experten bei einem "Medienenquete 2018" genannten Treffen ab Donnerstag zwei Tage lang über die Zukunft der Branche. Die Ausarbeitung eines neuen ORF-Gesetzes steht dabei auf der Agenda. Darüber hinaus soll der gesamte Medienmarkt reformiert werden, vor allem im Hinblick auf die Digitalisierung.
Abhängigkeiten durch neues Finazierungsmodell
Wichtigste Forderung der FPÖ: Der ORF mit seinen rund 4000 Mitarbeitern, der etwa 625 Millionen Euro jährlich an Rundfunkgebühren bekommt, soll künftig über das Budget der Regierung finanziert werden. Der ORF und Beobachter befürchten, der Sender könnte dann stark an Unabhängigkeit verlieren.
Die konservative ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz wünscht sich eine ergebnisoffene Diskussion. Klar sei aber: Eine Zerschlagung des ORF sei kein Thema. Die Privatsender wie die zur ProSiebenSat.1-Gruppe gehörenden Puls 4 und ATV hoffen ihrerseits auf bessere Bedingungen. Auf der Tagung der Experten sprechen unter anderem Springer-Chef Mathias Döpfner, Ex-ORF-Intendant Gerhard Zeiler und die EU-Justizkommissarin Vera Jourovà.
Vorwurf "Fake News"
Für Unruhe im Vorfeld sorgte Vizekanzler und FPÖ-Chef, Heinz-Christian Strache. Er attackierte Mitte Februar auf seinem persönlichen Facebook-Profil den Sender und seinen bekanntesten Nachrichtenmoderator Armin Wolf: "Es gibt einen Ort, wo Lügen und Fake News zu Nachrichten werden. Das sind der ORF und das Facebook Profil von Armin Wolf." Strache entschuldigte sich bei Wolf, nachdem es eine große Entrüstung gegeben hatte.
Brisant war außerdem die jüngste Wahl des Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates. Die 35 Mitglieder des obersten ORF-Gremiums werden unter anderem von der Regierung, den Parteien und den Bundesländern bestellt. Der Rat wählt den Generaldirektor. In redaktionelle Abläufe darf das Gremium offiziell nicht eingreifen.
Drohgebärde Stellenstreichung
Der neue Stiftungsratsvorsitzende und ehemalige FPÖ-Chef, Norbert Steger, zeigte sich aber ausgesprochen kritisch dem ORF gegenüber. "Es ist ein politischer Endkampf für linke Ideen", sagte er über den Sender. Ein Dorn im Auge war Steger vor allem die aus seiner Sicht einseitige Berichterstattung zur Ungarn-Wahl. Wenn der ORF nicht wieder "korrekter" berichte, werde ein Drittel der Korrespondenten im Ausland gestrichen, drohte Steger.
Der amtierende ORF-Chef Alexander Wrabetz, der in politischen Angelegenheiten als äußerst biegsam gilt, ist noch bis Ende 2021 bestellt. Ob der als entscheidungsschwach geltende Wiener angesichts des starken Drucks bis dann im Amt bleiben kann, ist offen. Die Pläne der Regierung sehen dem Vernehmen nach künftig vielmehr einen mehrköpfigen Vorstand statt eines Alleingeschäftsführers vor. (olb)